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Auslaufmodell: Die Kaiser's-Märkte verschwinden.

© Ina Fassbender/dpa

Streit um Supermarkt-Fusion: Gabriels Tengelmann-Einmischung könnte teuer werden

Die Ministererlaubnis im Streit um die Übernahme von Tengelmann könnte viel Geld kosten. Das Wirtschaftsministerium und damit der Steuerzahler muss den Löwenanteil der Verfahrenskosten zahlen.

Der Streit um die Übernahme von Kaiser’s Tengelmann hat für den Steuerzahler ein finanzielles Nachspiel. Das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) bürdet dem Bundeswirtschaftsministerium den Löwenanteil der Kosten für die gerichtliche Auseinandersetzung um die Supermarktkette Kaiser’s Tengelmann auf. 75 Prozent der Gerichts- und Anwaltskosten muss das Ministerium und damit letztlich der Steuerzahler tragen. Das geht aus dem Kostenbeschluss des Kartellsenats hervor, der dem Tagesspiegel vorliegt.

Streitwert: 30 Millionen Euro, mehr geht nicht

Die Richter bezifferten den Streitwert auf 30 Millionen Euro – das ist nach dem Gesetz die maximal zulässige Höchstsumme, die man überhaupt ansetzen kann. Sowohl die Gerichts- als auch die Anwaltskosten berechnen sich nach dem Streitwert. Wie viel das Ministerium unterm Strich zahlen muss, steht noch nicht fest. „Eine endgültige Festsetzung ist noch nicht erfolgt“, sagte ein Ministeriumssprecher dem Tagesspiegel. In einem Bericht der „Lebensmittelzeitung“ ist von einem sechsstelligen Betrag die Rede, Brancheninsider gehen allein beim Kostenersatz für Rewe von einer halben Million Euro aus.

Grüne: Gabriel hat unsauber gearbeitet

Die Grünen fühlen sich durch die jüngste Entscheidung in ihrer Kritik am damaligen Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) bestätigt. „Sigmar Gabriel hat bei dieser Ministererlaubnis von Anfang bis Ende schlecht und unsauber gearbeitet“, sagte die wettbewerbspolitische Sprecherin der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Katharina Dröge, dem Tagesspiegel. „Ein Gerichtsverfahren wäre gar nicht nötig gewesen, wenn Gabriel als zuständiger Minister das Verfahren transparent geleitet hätte statt es politisch auszuschlachten. Dass dafür jetzt auch noch nachträglich die Steuerzahler aufkommen müssen, ist ein weiteres Ärgernis“, sagte Dröge.

Der jahrelange Streit

Hintergrund ist das jahrelange Tauziehen um Kaiser’s Tengelmann. Marktführer Edeka hatte die defizitäre Kette übernehmen wollen, war damit aber am Bundeskartellamt gescheitert. Um die 16.000 Arbeitsplätze bei Kaiser’s Tengelmann zu retten, hatte der damalige Bundeswirtschaftsminister Gabriel die geplante Übernahme im März vergangenen Jahres per Ministererlaubnis genehmigt.
Die Edeka-Konkurrenten Rewe, Norma und Markant hatten gegen die Ministererlaubnis geklagt und im Eilverfahren vom OLG Düsseldorf Recht bekommen.

Das Gericht hatte im Juli 2016 die Ministererlaubnis aufgehoben und Gabriel Befangenheit unterstellt. Es folgten zahlreiche Verhandlungsrunden, um doch noch eine Lösung auf die Beine zu stellen. Am Ende erhielt Rewe die Hälfte der Berliner Kaiser’s-Filialen und zog wie Norma und Markant seine Beschwerde gegen die Ministererlaubnis zurück. Die Umflaggung der Märkte ist in vollem Gange. Rewe will bis Ende des Monats, Edeka bis Ende Mai alle Berliner Kaiser’s-Filialen umgestellt haben.

Die Berliner Märkte: Welche Kaiser's-Läden zu Edeka-Märkten werden und welche Rewe gehören, sehen Sie hier.
Die Berliner Märkte: Welche Kaiser's-Läden zu Edeka-Märkten werden und welche Rewe gehören, sehen Sie hier.

© Fabian Bartel

Wegen der Rücknahme der Beschwerden ist es zu keiner Entscheidung in der Hauptsache gekommen. Aber das OLG lässt keinen Zweifel daran, wie die Sache ausgegangen wäre. Wenn Rewe und Co. ihre Beschwerden nicht zurückgenommen hätten, wäre der Wirtschaftsminister im Hauptverfahren unterlegen, heißt es in der Begründung. Die Ministererlaubnis sei in „mindestens sechs Punkten“ rechtswidrig. Daher wäre es auch unbillig gewesen, Rewe und Markant mit den Kosten des Eilverfahrens zu belasten.

Norma hatte eine Sondervereinbarung mit Kaiser’s Tengelmann und Edeka getroffen und seine Beschwerde schon vorher zurück gezogen. Die Discountkette hatte sich zudem dem Wirtschaftsministerium gegenüber verpflichtet, 25 Prozent der Verfahrenskosten zu übernehmen. Damit bleiben beim Ministerium und damit beim Steuerzahler 75 Prozent hängen. Eine Rechtsbeschwerde gegen den Kostenbeschluss haben die Richter nicht zugelassen.

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