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Protesterprobt.

© picture alliance / dpa

Streit ums Geld: Mediziner wollen klagen

Die Kassenärzte wollen gegen den jüngsten Honorarbeschluss Klage einreichen. Zugleich drohen sie mit großflächigen Praxisschließungen, falls es zu keiner Einigung kommt.

Von Sabine Beikler

Die Wut unter den Kassenärzten nach dem Schlichterspruch in den Honorarverhandlungen ist groß. „Wir haben die Nase voll von der Polemik gegen Ärzte“, schimpfte ein bayerischer Mediziner am Sonnabend vor rund 700 Vertragsärzten und Psychotherapeuten auf einer Sonderversammlung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) in Berlin. Ärzte seien „keine geldgeilen, faulen Säcke, wie wir von Kassenvertretern verunglimpft werden“. Am Montag will die KBV nach Auskunft ihres Sprechers Roland Stahl Klage gegen die beschlossene Honorarerhöhung vor dem Sozialgericht Berlin-Brandenburg einreichen. Protestaktionen, die 14 Ärzteverbände in einer Erklärung angekündigt hatten, sind noch nicht beschlossen.

Nach dem Schlichterspruch sollen 150 000 praktizierende Ärzte und Psychotherapeuten im kommenden Jahr 270 Millionen Euro mehr bekommen. Darauf verständigte sich der Bewertungsausschuss, dem Vertreter der KBV und des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenkassen angehören. Die Mediziner hatten ein Plus von 3,5 Milliarden Euro gefordert, die Versicherer dagegen wollten ihnen 2,2 Milliarden Euro Honorar kürzen.

Scharfe Töne schlug am Sonnabend der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, gegen die Kassen an. „Wir haben es mit einem verantwortungslosen Machtkartell zu tun, das monopolartig versucht, uns unter seine Knute zu zwingen.“ Von Medizinern wurde aber auch Kritik an der KBV als ihrer Interessenvertreterin geübt. Die Honorare der niedergelassenen Ärzte seien seit 2006 um 30 bis 35 Prozent gesunken, hieß es. Man wolle jetzt vom KBV- Vorsitzenden Andreas Köhler auch „Taten sehen“.

Am Montag wollen sich Ärzte und Kassen erneut zusammensetzen

Die vorgesehene Erhöhung des Punktwertes für ärztliche Leistungen um 0,9 Prozent sei ein „unannehmbarer Affront gegenüber der ärztlichen Leistungsbereitschaft“, sagte der Vorsitzende des Hartmann-Bundes Klaus Reinhardt. Nach Angeben der Kassen würde das im Schnitt ein Plus von 1800 Euro pro Jahr für jeden Mediziner bedeuten. Die Ärzte hatten eine Punktwerterhöhung von elf Prozent gefordert.

Die Kassen stützen sich auf ein von ihnen in Auftrag gegebenes Prognos-Gutachten. Demnach sind die Einnahmen der Mediziner seit 2008 weitaus stärker gestiegen als ihre Praxiskosten. Der Reinertrag pro Arzt allein durch die Behandlung von Kassenpatienten habe sich im Durchschnitt von 105 000 Euro im Jahr 2007 auf 134 000 Euro im Vorjahr erhöht. Die KBV konterte mit einer eigenen Studie des Zentralinstituts für die Kassenärztliche Vereinigung: Demnach erzielten die Praxen mit Kassenpatienten im Schnitt nur 92 000 Euro, obwohl laut bisheriger Honorarordnung 105 572 Euro vorgesehen seien.

Am Montag wollen sich Ärzte und Kassen erneut zusammensetzen. Dann soll über die Quantität der zu erbringenden Leistungen gesprochen werden. Je nach Ergebnis könnte das Honorar dann doch noch höher ausfallen.

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