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Streit zwischen Berlin und Brüssel: EU will VW-Gesetz kippen

Baden-Württemberg und Porsche begrüßen eine neue Klage aus Brüssel. Die IG Metall plant eine Gegendemonstration mit 30.000 Teilnehmern.

Brüssel/Wolfsburg - Der Streit zwischen Berlin und Brüssel um das VW-Gesetz hat einen neuen Höhepunkt erreicht. Die EU-Kommission will die Bundesregierung erneut vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) wegen der Sonderrechte bei dem Autohersteller verklagen, wie der Sprecher von Binnenmarktkommissar Charlie McCreevy am Dienstag ankündigte. Der Ire werde seinen Kollegen diesen Schritt „so schnell wie möglich“ vorschlagen. Die Wettbewerbshüter stoßen sich an der Regelung, wonach Niedersachsen mit gut 20 Prozent VW-Stimmrechtsanteil sein Vetorecht in der Hauptversammlung behält.

„Die Sperrminorität muss entfernt werden“, sagte der Sprecher. Im Aktienrecht üblich sind 25 Prozent. Der EuGH kann zwar nationale Gesetze nicht aufheben, aber Mitgliedstaaten auffordern, sie abzuschaffen. Da ein erneuter Richterspruch der zweite gegen die Regelung wäre, drohen Berlin bis zur Abschaffung diesmal Zwangsgelder in Millionenhöhe.

Die IG Metall kritisierte das Vorhaben der EU-Kommission scharf. „Wer das VW-Gesetz abschaffen will, setzt auf Konfrontation statt auf Ausgleich national und international“, erklärte IG-Metall-Chef Berthold Huber am Dienstag in Frankfurt am Main.

Die Gewerkschaft kündigte für Freitag eine Großdemonstration bei VW in Wolfsburg mit gut 30 000 Teilnehmern und Huber als Hauptredner an. Am selben Tag berät auch der Aufsichtsrat des Konzerns.

„EU-Kommissar McCreevy sollte endlich das Säbelrasseln einstellen“, sagte Huber. „Die IG Metall will nicht weniger, sondern mehr VW-Gesetz.“ Niedersachsens IG-Metall-Chef Hartmut Meine kritisierte am Dienstag in Hannover, die EU-Kommission gefährde mit ihrer Haltung nicht nur Arbeitsplätze in Niedersachsen, Bayern und Baden-Württemberg, sondern letztlich in ganz Europa. „Es ist unerträglich, dass sich der Binnenmarktkommissar zum willfährigen Gehilfen des Kapitalmarktes und einiger Unternehmen macht“, kritisierte Meine.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) forderte die Bundesregierung dagegen auf, den Entwurf zur Neufassung des VW-Gesetzes „zu überdenken“.

Auch vom neuen Großaktionär Porsche kam Zustimmung. Porsche-Sprecher Albrecht Bamler sagte: „Das ist durchaus in unserem Sinne.“ Porsche will noch in diesem Jahr seinen Anteil bei VW von derzeit knapp 31 Prozent auf mehr als 50 Prozent aufstocken. Porsche-Chef Wendelin Wiedeking, der im VW-Aufsichtsrat sitzt, hatte sich wiederholt gegen das Gesetz ausgesprochen.

Auch Aktionärsschützer fordern die Bundesregierung zur ersatzlosen Streichung des VW-Gesetzes auf. „Volkswagen muss endlich die Chance haben, eine normale AG zu werden“, teilte der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, Ulrich Hocker, am Dienstag mit.

Die Bundesregierung verwies auf eine Erklärung von Ende Mai. Sie erklärte sich damals bereit, „gegebenenfalls entsprechende Änderungen des VW-Gesetzes zu beschließen oder auf solche Änderungen im parlamentarischen Verfahren hinzuwirken, um Zwangsgeldforderungen jeglicher Form abzuwenden“.

Die Kommission hatte im Juni das Verfahren gegen die Bundesrepublik eingeleitet und nach Brüsseler Angaben im August eine Antwort bekommen. „Die Fakten sind klar“, sagte der Sprecher von McCreevy. „Die Bundesregierung weicht nicht von ihrer Position ab.“ Brüssel wirft der Regierung vor, sie habe ein Urteil des höchsten EU-Gerichts aus dem vergangenen Jahr zu dem Schutzgesetz nicht umgesetzt. Das VW-Gesetz stammt aus dem Jahr 1960 und soll feindliche Übernahmen verhindern. McCreevy sieht die Gefahr, dass die Regelung potenzielle Investoren abschreckt. mit dpa/HB

Daniel Rhee-Piening

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