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Streit zwischen Frankreich und Deutschland: Die schwarze Null ist nicht das Problem

Frankreichs Regierung fordert von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble eine Abkehr von der „schwarzen Null“. Doch dadurch würde den schwächelnden Euro-Ländern nicht geholfen. Ihr Problem ist, dass sie die gekaufte Zeit nicht für Reformen nutzen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Ursula Weidenfeld

Wolfgang Schäubles „schwarze Null“ ist jetzt also schuld. Nur weil der Bundesfinanzminister seinen Bürgern unbedingt einen ausgeglichenen Haushalt vorzeigen wolle, müsse Europas Wirtschaft leiden. Das finden der französische Wirtschafts- und Finanzminister, die in der vergangenen Woche in Berlin waren. Sie liegen falsch. Nicht wegen der schwarzen Null. Sondern, weil sie das Umfeld ignorieren.

Seit Ausbruch der Finanzkrise im Jahr 2008 gibt es eine Konstante in allen Rettungsbemühungen: Regierungen und Zentralbanken kaufen Zeit für die betroffenen Länder. Mal werden direkte Rettungspakete geschnürt, mal werden die Zinsen gesenkt, mal Anleihen gekauft. In jedem Fall wird den bedrängten Ländern eine Atempause verschafft, die sie für strukturelle Reformen nutzen sollen. Bei den Ländern, die direkt Geld aus den Rettungsfonds bekommen, klappte das einigermaßen. Die anderen schließen die Augen und hoffen, dass es vorübergeht. Frankreich und Italien, die großen Südländer, haben ihre Probleme in sechs Jahren nicht gelöst. Jetzt verweisen sie auf die geizigen Deutschen, wenn nach der Verantwortung für die Misere gesucht wird. Das ist das Umfeld, in dem über die schwarze Null im deutschen Haushalt gestritten wird.

Das neue Gespenst der Krise heißt Deflation. Wenn die Preise sinken, würden Unternehmen und Bürger mit Einkäufen und Investitionen warten. So argumentieren diejenigen, die Schäuble zum Aufgeben seiner Haushaltspolitik überreden wollen. Doch Europa hat im Wesentlichen aus zwei Gründen keine Inflation: Der Ölpreis sinkt. Das hilft der Konjunktur. In den Ländern, die tief in der Währungskrise stecken – Griechenland, Spanien, Portugal – sinken die Preise, damit die Wettbewerbsfähigkeit wieder steigt. Man muss sich nur die Tourismuszahlen des Sommers anschauen, um zu fragen: Wo ist das Problem, wenn es funktioniert?

Das Problem ist, dass nichts mehr da ist, um weitere Zeit zu kaufen. Das Problem ist, dass in Frankreich und Italien kein Reformwille erkennbar ist. Die schwarze Null in Deutschland dagegen rangiert auf der Liste der Probleme ziemlich weit hinten.

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