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Wirtschaft: Stresstest für den Aktienaufschwung

Aktuelle Quartalszahlen werden zeigen, ob die hohen Aktienkurse gerechtfertigt sind – Experten sind optimistisch

Berlin (mot). Der seit Mitte März anhaltende Optimismus der Börsianer wird in diesen Tagen auf die Probe gestellt: Rechtfertigen die Geschäftszahlen, die in den kommenden Wochen für das zweite Quartal vorgelegt werden, das hohe Kursniveau – oder enttäuschen die Unternehmen die Erwartungen der Anleger? Sollte das vergangene Quartal für die großen Unternehmen positiv verlaufen sein, kann es nach Meinung von Experten mit dem Aufschwung der Aktien weitergehen. Obwohl der Dax seit seinem Tief im März gut 50 Prozent und der Dow Jones mehr als 22 Prozent gewonnen haben, würden steigende Umsätze und Gewinne den Kursen neue Nahrung geben.

„Die Stimmung ist schon angesprungen, jetzt müssen die Daten das gute Klima an der Börse untermauern“, sagt Gunter Eckner, Leiter der ResearchAbteilung der Baden-Württembergischen Bank. Der Kursanstieg sei nur die Korrektur des übertriebenen Börsenabsturzes vor dem Irak-Krieg gewesen. Jetzt setze der Markt auf eine Erholung der Konjunktur und auf die wachstumsfördernde Wirkung von Steuer- und Zinssenkungen in den USA und Europa. „Die Investoren sitzen auf Geldbergen, die keine Zinsen mehr bringen“, sagt Gottfried Heller von der Fiduka Vermögensverwaltung. Der Kostolany-Schüler zählt sich zu den Börsen-Bullen: „Ich glaube, dass die neuen Zahlen den Aufschwung untermauern.“ Auch die Fondsgesellschaft Adig ist optmistisch: Mit einigen Ausnahmen seien Gewinnwarnungen bisher ausgeblieben. „Für die Berichtssaison in den USA rechnen Analysten mit einem Gewinnanstieg zwischen vier und sechs Prozent“, sagt US-Experte Klaus Breil. Gute Vorzeichen also für die Börse.

Alcoa macht den Anfang

Für einen erfreulichen Auftakt der Quartalsberichterstattung sorgte der weltgrößte Aluminium-Hersteller Alcoa. Nach Börsenschluss legte der Alu-Erzeuger am Dienstag Quartalszahlen vor, die trotz eines Gewinnrückgangs zum Vorjahr die Erwartungen der Analysten übertrafen. Der Umsatz stieg überraschend deutlich um sechs Prozent auf 5,5 Milliarden Dollar. Das sei der beste Wert seit 2001 gewesen, hieß es. Analysten hatten nur 5,2 Milliarden Dollar prognostiziert. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum sank zwar der Gewinn von 232 Millionen auf 216 Millionen Dollar. Entscheidend für die Stimmung war aber der mit 43 Prozent kräftige Anstieg des Ergebnisses im zweiten Quartal.

Mit Spannung erwartet wurde am Mittwoch der Zwischenbericht des Internetunternehmens Yahoo. An diesem Donnerstag legt der Netzausrüster Juniper Networks seine Zahlen vor. Der Mischkonzern General Electric folgt am Freitag. Mit besonderer Aufmerksamkeit werden in der kommenden Woche die Nachrichten aus der Technologiebranche registriert: Intel, AMD, IBM und Microsoft werden unter Beweis stellen müssen, dass die zuletzt massiven Kursgewinne der Hightech-Aktien berechtigt waren.

Risiken bei Technologiefirmen

Experten warnen gerade bei den Technologiefirmen vor Enttäuschungen. „Die Tech-Aktien haben schon einen Schluck zu viel aus der Pulle genommen“, fürchtet Gottfried Heller. Ein Großteil der guten Geschäfte, die die Unternehmen 2003 noch machen wollten, sei bereits in ihren aktuellen Kursen verarbeitet. Einen Absturz, der von den Technologieaktien ausgelöst werden könnte, fürchtet Heller allerdings nicht. „Das wird nur einzelne Aktien treffen, die den Aufschwung nicht aufhalten werden.“ Dazu sei die Grundeinstellung der Anleger schon zu positiv.

Auch Vermögensverwalter Jens Ehrhardt glaubt, dass „der Markt nach unten gut abgesichert ist“. Allerdings sei die Stimmung fast schon zu gut. Alle großen Investoren seien wieder in Aktien investiert. „Schwer vorstellbar, dass der Dax kurzfristig noch höher steigt.“ Dennoch: Die Bewertung deutscher Aktien ist niedriger als die der amerikanischen und lädt zum Kauf ein. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) der US-Aktien liegt bei über 20, deutsche Papiere sind mit einem KGV von zwölf im Schnitt preiswerter.

Anlass zur Hoffnung gibt den Börsianern ausgerechnet die Finanzbranche, die vor ein paar Monaten noch vor dem Kollaps zu stehen schien. „Der Finanzsektor hat sich stablisiert, die Gerüchte brodeln nicht mehr“, sagt BW-Banker Eckner. Personal- und Schuldenabbau sowie ein gesunder Cashflow zeigen Wirkung: „Speziell bei den deutschen Banken könnten die Zahlen besser aussehen als viele denken“, glaubt Vermögensverwalter Heller. Ob sich der Optimismus an der Börse im zweiten Halbjahr hält, hängt aber nicht nur von den Zahlen zum zweiten Quartal ab. „Entscheidend ist, wie nachhaltig der Umbau der Unternehmen und die Wirkungen niedriger Zinsen und Steuern sind“, sagt Gunter Eckner. „Der Markt ist nicht bereit, lange zu warten - im dritten Quartal muss der Aufschwung in den Bilanzen ablesbar sein.“

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