zum Hauptinhalt
Strommasten

© dpa

Strommarkt: Vattenfall geht auf Distanz zu Eon und RWE

Vattenfall-Konzernchef Josefsson zeigt sich im Streit mit der EU über die Abtrennung der Netze kompromissbereit.

Berlin - Der Energiekonzern Vattenfall setzt sich von seinen deutschen Konkurrenten ab. Im Gerangel mit der EU-Kommission um die Entflechtung von Produktion und Netz ist Konzernchef Lars Göran Josefsson deutlich kompromissbereiter als Eon und RWE. „Wir stehen keiner Lösung im Weg“, sagte er im Gespräch mit dem „Handelsblatt“. Die EU-Kommission wird am kommenden Mittwoch ein Gesetzespaket veröffentlichen, mit dem sie den schleppenden Wettbewerb auf dem europäischen Strom- und Gasmarkt ankurbeln will. Kernpunkt ist die Entflechtung der großen Versorger, die die Verfügungsgewalt über die Übertragungsnetze abgeben sollen. Dabei stehen zwei Modelle zur Wahl. Die Kommission fordert, dass die Energiekonzerne sich entweder vom Eigentum an ihren Netzen trennen oder aber zumindest das Netz- Management auf einen unabhängigen Systembetreiber übertragen. Der Systembetreiber soll über den Netzzugang und auch über Investitionen entscheiden.

Während Eon und RWE beide Varianten kategorisch ablehnen, würde sich Josefsson in letzter Konsequenz der Trennung der Netze nicht verschließen – auch wenn er es nicht für den besten Weg hält. Der Chef des schwedischen Vattenfall-Konzerns, dessen deutsche Tochter hierzulande nach Eon und RWE die Nummer drei ist, plädiert dafür, die Netze über die Landesgrenzen zu verbinden: „Wir sind bereit, unsere Transportnetze in einen regionalen Übertragungsnetzbetreiber einzubringen, der als unabhängiges Unternehmen das Netz managt und vor allem Investitionsentscheidungen mit Blick auf einen grenzüberschreitenden Markt trifft.“

Vattenfall hat bereits gemeinsam mit Eon, RWE und fünf weiteren Unternehmen eine Initiative für einen Regionalmarkt in fünf westeuropäischen Ländern angestoßen. Die Unternehmen aus Deutschland, Frankreich, den Niederlanden, Belgien und Luxemburg haben vereinbart, gemeinsam die grenzüberschreitenden Leitungen effizienter zu nutzen, den Handel mit Strom über Ländergrenzen hinweg zu erleichtern und den Markt liquider zu machen. Vor allem sollen Engpässe bei der Anbindung der nationalen Netze identifiziert und beseitigt werden.

Die Vorstellungen, wie weit die Kooperation letztlich gehen soll, gehen weit auseinander. Josefsson sieht die Initiative als „nützlichen Schritt“ auf dem Weg zu einem unabhängigen Systembetreiber im Regionalmarkt. Eon und RWE wollen die Verfügungsgewalt über ihr eigenes Netz nicht aufgeben. „Es geht nicht darum, einen regionalen Netzbetreiber einzuführen“, betonte Hans-Jürgen Brick, Geschäftsführer von RWE Transportnetz Strom. „Sowohl die Systemführung als auch das Assetmanagement müssen bei den einzelnen Unternehmen bleiben“, sagte Brick. „Die volle Übertragung unserer Netze ist für uns kein Thema“, unterstrich auch ein Eon-Sprecher. Auch in der Frage der Lobbyarbeit der deutschen Kernenergiebranche ging Josefsson auf Distanz zu seinen deutschen Kollegen. „In keinem anderen Land Europas sitzt die Skepsis gegenüber der Kernenergie so tief wie in Deutschland. Ich frage mich ernsthaft, was das Deutsche Atomforum in den letzten 30 Jahren eigentlich gemacht hat“, sagte der Vattenfall-Chef.

Vattenfall war im Sommer wegen der Zwischenfälle in seinen AKWs in die Kritik geraten und fühlte sich dabei vom Atomforum, in dem sich die Kernkraftwerksbetreiber zusammengeschlossen haben, im Stich gelassen. HB

J. Flauger, K. Stratmann

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false