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Wirtschaft: Strukturreformen sind unumgänglich

Der IWF hat Rußland nur einen geringeren Sofortkredit zugesagt, als zunächst erwartet.Daniel Rhée-Piening sprach mit Wolfgang Kartte über die Zukunftsaussichten für Rußland.

Der IWF hat Rußland nur einen geringeren Sofortkredit zugesagt, als zunächst erwartet.Daniel Rhée-Piening sprach mit Wolfgang Kartte über die Zukunftsaussichten für Rußland.Kartte war von 1976 bis 1992 Präsident des Bundeskartellamtes.Seit seiner Pensionierung ist er Berater der russischen Regierung.

TAGESSPIEGEL: Halten sie die Kürzung des IWF-Kredits für berechtigt?

KARTTE: Zunächst einmal muß man festhalten, daß die Stützungsmaßnahmen für den Westen kein gutes Geschäft sind.Aber wir können Rußland nicht hängenlassen.Hier handelt es sich um die Ostflanke Europas.

TAGESSPIEGEL: Wie wird sich die Kürzung für Rußland auswirken?

KARTTE: Bei den Zusagen des IWF handelt es sich im wesentlichen um sogenannte Stand-by-Kredite, mit denen ausländische Investoren ermutigt werden sollen, wieder mehr in Rußland zu investieren.Die Russen erhalten keine Waggons voller Geld.

TAGESSPIEGEL: Was behagt Ihnen an dem ganzen Vorgang am wenigsten?

KARTTE: Was mich am meisten stört ist, daß weder der Internationale Währungsfonds noch Rußland wirklich über Strukturreformen gesprochen haben.Das Steuerrecht muß grundlegend reformiert werden.Gegenwärtig gibt es doch über 300 Steuerarten.Auch muß der öffentliche Dienst und seine Beamten grundlegend geschult werden.Ich erinnere nur daran, wieviele Beamte aus Westdeutschland wir nach der Wende in die neuen Länder geschickt haben.

TAGESSPIEGEL: Halten sie Rußland für reformfähig?

KARTTE: Rußland ist auf dem richtigen Weg, aber wann es sein Ziel erreicht, ist eine Frage der Zeit.Man darf nicht vergessen, daß in Rußland nie eine bürgerliche Gesellschaft existiert hat.Es gab auch keine Reformation oder eine Phase der Aufklärung.Nun wurde zwar Anfang der neunziger Jahre eine Fülle von Gesetzen geschaffen, aber es gibt so gut wie keine Gerichte oder auch mittlere Beamte, die das neue Recht auch umsetzen.Es ist eine Frage des Hinterkopfes.Die jungen Beamten im Kreml wissen sehr genau, was zu tun ist, aber ihnen fehlt die Basis.

TAGESSPIEGEL: Kann Jelzin mit Dekreten regieren?

KARTTE: Zweifelsohne kann er dies.Die Russen haben eine ausgesprochene Präsidialverfassung.Das wollte auch der Westen.

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