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Der Krise zum Trotz. Im Schatten der Geschäftsbanken wachsen unregulierte Finanzdienstleister, die ihren Sitz häufig in Steuerparadiesen haben.

© REUTERS

Studie der G-20-Staaten: Schattenbanken wachsen

Nicht-Banken wie Hedgefonds haben einer Studie zufolge mindestens ein Viertel des globalen Geldkreislaufs in der Hand - und sind damit mächtiger als vor der weltweiten Finanzkrise.

Von Carla Neuhaus

Berlin - Schattenbanken haben die Finanzkrise verschärft – und wachsen trotzdem weiter. Im vergangenen Jahr lag ihr Geschäftsvolumen bei 67 000 Milliarden Dollar (gut 52 Billionen Euro). Damit verwalten sie mehr als  doppelt soviel Geld wie noch vor zehn Jahren. Allein seit Ausbruch der Finanzkrise ist ihr Geschäftsvolumen um weitere fünf Billionen Dollar gewachsen, hat der Finanzstabilitätsrat (FSB) der G20-Staaten errechnet.

„Schattenbanken machen ähnliche Geschäfte wie Banken, nur dass sie das im Schatten der Regulierung tun“, erklärt Mechthild Schrooten, Professorin für Volkswirtschaftslehre an der Hochschule Bremen. Denn anders als Banken müssen sich Schattenbanken an keine strengen Regulierungsvorgaben halten. Zu diesen Instituten zählen zum Beispiel Hedgefonds, Geldmarktfonds oder Zweckgesellschaften. In der Regel sammeln sie Geld bei Anlegern ein, nehmen Kredite auf und investieren das Geld am Kapitalmarkt. Anders als eine Bank vergeben sie aber zum Beispiel selbst keine Kredite.

In der Finanzkrise haben auch einige Banken solche Zweckgesellschaften gegründet, die dann in verbriefte US-Immobilienkredite investierten. Dadurch konnten die Institute von den steigenden Immobilienpreisen in den USA profitieren, ohne die Risiken in ihre Bücher schreiben zu müssen und ohne dafür Eigenkapital vorhalten zu müssen. Als dann im Zuge der Krise immer mehr dieser Immobilienkredite ausfielen, gerieten die Zweckgesellschaften ins Straucheln und die Banken mussten als Eigentümer Geld nachschießen. Auf diese Weise geriet zum Beispiel die deutsche IKB in Schwierigkeiten, die ihren Zweckgesellschaften Namen wie Havenrock Ltd oder Rhinebrigde plc gegeben hat.

Die Zahlen, die der Finanzstabilitätsrat jetzt veröffentlicht hat, zeigen nur einen Ausschnitt der Branche. Viele Schattenbanken haben ihren Sitz in Steuerparadiesen und werden nicht in der G20-Statistik erfasst. Die Dunkelziffer sei groß, räumte das Gremium ein. Ein Grund für die Ausbreitung der Schattenbanken ist möglicherweise auch die stärkere Regulierung der Geschäftsbanken in Folge der Finanzkrise. Denn je strenger die Anforderungen, desto größer ist die Verlockung einen Teil des Geschäfts auszulagern. Volkswirtin Schrooten sieht darin den Beweis für „Regulierungsdefizite“. „Es ist regulatorischer Unsinn, dass es neben Banken Schattenbanken gibt“, sagte sie. Denn auch wenn eine Schattenbank Pleite gehe, könne das Auswirkungen auf das Finanzsystem haben. „Manche sind bereits so groß, dass sie als ’too big to fail’ gelten und bei einer Pleite gerettet werden müssten“, sagt sie. Hinzu kommt, das die Schattenbanken stark mit den Banken verflochten sind. Manche Institute haben Töchter, die Schattenbanken sind, andere geben Schattenbanken Kredite. „Diese Verflechtungen sind mittlerweile so komplex, dass sie keiner mehr nachvollziehen kann.“

Nach Ansicht von Hans-Peter Burghof, Bankenprofessor an der Universität Hohenheim, gibt es zwei Möglichkeiten gegen Schattenbanken vorzugehen. „Entweder sie werden reguliert, weil sie systemrelevant sind“, sagt er. Oder alle Banken, die ihnen Kredite gewähren, müssten diese zu 100 Prozent mit Eigenkapital hinterlegen.

Das Problem: „Vor allem in den USA ist der Hedgefonds-Sektor eine wichtige Quelle des Wohlstands und des Reichtums“, sagt Burghof. Weil sie sich nicht wie Banken an strenge regulatorische Vorgaben halten müssen, fallen ihre Gewinne höher aus. „Sie können auch hohe Risiken eingehen und sich hoch verschulden.“

Der Finanzstabilitätsrat, der bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel angesiedelt ist, erklärte, man müsse sicherstellen, dass das Parallelsystem künftig „einer angemessenen Überwachung und Regulierung“ unterworfen werde. Noch im kommenden Jahr soll es dazu ein Maßnahmenpaket geben. In Europa arbeitet derweil die EU-Kommission unter Federführung von Binnenmarktkommissar Michel Barnier an einem Gesetzesvorschlag. In der Diskussion ist zum Beispiel, den Instituten bei der Auslagerung von Geschäften in Schattenbanken Grenzen zu setzen. Die Regulierung der Schattenbanken habe „politisch hohe Priorität“, bestätigte Ralf Brinkhaus, der für die CDU im Finanzausschuss des deutschen Bundestages sitzt, dem Tagesspiegel. Allerdings müsse das Thema auf internationale Ebene geregelt werden, Deutschland bringe sich dabei aktiv ein. mit rtr/dpa

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