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Suppentest: Kraft und Wärme aus dem Topf

In jüngerer Zeit sind Zubereitungen in Mode gekommen, die sich ihrer Verpackung wegen auch als Tupper-Suppen bezeichnen lassen. Unsere Testrunde kostete ambitionierte Suppen aus Halbkonserven

Es hat einen Grund, dass wir auf eine Suppe mit mehr Emotion reagieren als auf andere Gerichte. Denn sie lässt es uns gut gehen, lässt uns auf unangestrengte Art Kraft und Wärme tanken, vorausgesetzt, sie ist kompetent gekocht worden. Die Suppe findet sich gleichermaßen im Imbiss und im Sterne- Restaurant, was der Nudel zum Beispiel verwehrt ist. In letzterem dient sie traditionell als Ouvertüre des Menüs, als Eintopf in Kantine oder Suppenbistro dagegen tritt sie als vollwertige Mahlzeit auf.

In jüngerer Zeit sind Zubereitungen in Mode gekommen, die sich ihrer Verpackung wegen auch als Tupper-Suppen bezeichnen lassen. Diese in feste Becher aus Plastik oder Pappe gefüllten Suppen stehen hauptsächlich in den Regalen moderne Lebensmittel-Boutiquen sowie Bioläden. Als ambitionierte Alternative zur Minuten-Terrine oder Dosensuppe erscheinen diese so genannten Halbkonserven allemal – zumindest auf den ersten Blick. Dass dem so aber über weite Strecken so nicht ist, fand die monatliche Testrunde heraus. Sie versammelte sich diesmal in einem der besten Bistros, die die Stadt besitzt, dem „Desbrosses“ im Hotel Ritz-Carlton. Nicht nur die hauseigene Bäckerei mit deftigen Sauerteigbroten und Croissants legte es nahe, das Probeessen dorthin zu verlegen, sondern auch die unbekümmert zupackende Art, mit der Küchenchef Jörgen Sodemann sein Amt versieht.

Sodemann sah sich mit der Kartoffel-Lauch-Suppe von „Suppenglück“ aus dem Biosupermarkt Viv gleich einer Speise gegenüber, die bei ihm niemals auf den Tisch käme. Sie wirkte, wiewohl stark gebunden wie nahezu alle Probanden, bloß wie ein mit Majoran aufgepepptes Kartoffelwasser. Genauso unabgeschmeckt erschien die Kartoffelsuppe Tandoori von „Roggenkamp Organics“ aus der Galeria Kaufhof am Alex. Von schleimiger Textur, etwas indischer Schärfe in der Mitte sowie mit stumpfem Nachgeschmack besaß sie ebenso wenig einen ausreichenden Basisbereich wie die Süßkartoffelsuppe von „JooTi“, die bei „Fresh’n Friends“ gekauft wurde.

Von weit nach vorne gedrängtem Zitronengras bestimmt, wandelte sie sich unter der Hand beinahe zum Dessert. Die im Ökosupermarkt LPG besorgte Kartoffel-Majoran-Suppe von „Rose/Demeter“ erwies sich als tranig-säuerlich und besaß weder Hintergrund noch jene Tiefe, die die Bäuerliche Kartoffelsuppe „Vom Schwanen“ für sich in Anspruch nehmen kann. Das von Goldhahn & Sampson in der Dose vertriebene Produkt ist halb püriert, mit festen, unverkochten Kartoffelnwürfeln untermischt und so gut abgerundet, dass man sich in jeder Raststätte über sie herzlich freuen würde.

Bei den Karotten-Variationen bestätigte sich dieses insgesamt unschöne Bild. Die Karottensuppe aus dem Tetrapak von „Lima“, die „Fresh’n Friends“ anbietet, könnte gut auch von Wurzelfasern stammen, die nach der Pressung von Möhrensaft übrig geblieben sind. Auch der Karotten-Ingwer-Suppe von Rose (bei LPG) mangelt es an einem Fundament aus Brühe. Dafür geizt sie nicht mit Orange und Ingwer, die sich gegen eine vernehmliche Süße stemmen. Zucker täuscht auch bei der Karotte-Ingwer von „Suppenglück“ (Viv) Fülle vor. Wenigstens schmeckt sie recht buttrig.

Die Marke „Yes Please“ aus dem KaDeWe verspricht „good food for busy people“ und gehorcht damit einem Trend, der gerne einmal eine Prise Ideologie auf den Becher pappt. Bei ihrer salzarmen Karotte-Ingwer, deren Konsistenz an Babybrei erinnert, wurde der Geschmack jedenfalls auf dem Kardamom-Altar geopfert. Nebenbei bemerkt: Die Gelbe Linsensuppe mit Chili von „Yes Please“ verfälscht den zu erwartenden Eindruck mit Aprikose. „Ich dübel mal eben was durch“, beargwöhnte der Berliner Sodemann die Einstellung des Suppenschmiedes, „hab eh gleich Feierabend.“

Ein vergleichbares Phänomen begegnet einem in der Erbsensuppe mit Minze von „Roggenkamp“ aus Gütersloh, die über Galeria Kaufhof vertrieben wird. Simple Trockenminze dominiert das rustikale Aroma der Hülsenfrucht so sehr, dass man beinahe von Beuteltee mit Erbseinlage sprechen könnte. Zum Ausgleich gibt es Packungslyrik, in der die Herkunft „von Feldern, die wir selber kennen und von Landwirten, die uns ans Herz gewachsen sind“, gepriesen wird.

Demgegenüber nimmt sich die Erbsensuppe mit geräuchertem Tofu von „Lima“ (Fresh’n Friends) aus wie Biwak und Winterhilfswerk. Dass sie allerdings Tomatenmark enthält, verträgt sich nicht mit der überlieferten Konstruktion einer solchen Suppe. Wäre da nicht die Deftige Erbsensuppe mit Kasseler und Frankfurter aus der Dose „Vom Schwanen“ gewesen, die wieder einmal mehr für das inspirierte Feinkosthaus Goldhahn & Sampson am Helmholtzplatz spricht, die Runde hätte sich ohne wirkliche Empfehlung zerstreuen müssen. Eine kraftvolle Würze in nicht zu dicker Substanz vereint die grundlegende Sortencharakteristik mit der Räuchernote eines ausgezeichneten Frankfurter Würstchens und dem Aroma des mürben Pökelfleischs. „Nachschlag bitte!“, rief Jurymitglied Peter Frühsammer spontan.

Hinter diesem klaren Sieger kam der herzhafte „Soops Linseneintopf mit Wiener Würstchen“ aus der Galeria Kaufhof auf den zweiten Platz. Über den Rest wollen wir schweigen, höchstens noch sagen, dass Preise zwischen drei und sechs Euro pro 500 ml-Becher alles andere als eine Empfehlung darstellen.

Fresh’N’Friends, Prenzlauer Berg, Kastanienallee 26

Goldhahn & Sampson, Prenzlauer Berg, Dunckerstr. 9

LPG Biomarkt, Prenzlauer Berg, Kollwitzstr. 14-15

Viv Biofrischemarkt, Mitte, Schönhauser Allee 10-11

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