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Wirtschaft: SZENARIO 1: ES GEHT WEITER AUFWÄRTS

Abschwung? Gar eine Rezession?

Abschwung? Gar eine Rezession? Davon wollen notorische Optimisten wie Marco Bargel nichts wissen. „Es haben sich ja noch nicht einmal alle Komponenten des Aufschwungs vollständig entfaltet“, hält der Chefvolkswirt der Postbank dagegen. Der Aufschwung geht weiter, nur mit gebremstem Schaum, da ist sich Bargel sicher. „Von Rezession kann jedenfalls keine Rede sein.“ Bargel rechnet mit einem Plus von 2,1 Prozent – das ist eine der zuversichtlichsten Prognosen unter den deutschen Volkswirten.

Dafür spricht einiges. Die Zahl der Arbeitslosen dürfte noch einmal um einige Hunderttausend sinken, zugleich wird die Zahl der Beschäftigten erstmals im Jahresschnitt über 40 Millionen liegen. „Da ist es schlechterdings kaum denkbar, dass der Konsum zurückgeht“, folgert Bargel. Die derzeit mit 2,8 Prozent recht hohe Inflation koste zwar Kaufkraft. Doch angesichts weniger stark steigender Energiepreise geht er davon aus, dass sich die Teuerung allmählich abschwächt. Die Tragkräfte des Aufschwungs würden sich verschieben, wenn Bargel recht behält – weg von der Exportwirtschaft hin zu den Verbrauchern. Das hat es viele Jahre in Deutschland nicht gegeben. Ein etwas schwächerer Jahresauftakt mit ein paar dürftigen Quartalen sei zwar drin. „Im Sommer wird es dann aber wieder deutlich besser werden“, glaubt Bargel.

Auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin gehört zu den Optimisten in der Forscherriege. „Wir erwarten eine Fortsetzung des Aufschwungs auf relativ hohem Niveau“, sagt Christian Dreger, der neue Chef der Konjunkturabteilung. Seine aktuelle Wachstumsprognose für 2008 wird das DIW erst am 2. Januar vorstellen. Sie werde „leicht über zwei Prozent“ liegen, verrät Dreger.

Seinen Optimismus stützt auch er vor allem auf die Verbraucher, die im neuen Jahr endlich wieder mehr Geld ausgeben sollen. „Wir erwarten, dass der Aufschwung 2008 bei immer mehr Leuten ankommt“, befindet Dreger. Die Arbeitslosenzahl werde weiter sinken und in einigen Monaten sogar an der Drei-Millionen-Marke kratzen. Auch die Einkommen der Arbeitnehmer würden deutlich steigen. Die Inflationsrate, 2007 mit 2,2 Prozent noch auf einem 13-Jahres-Hoch, werde zurückgehen und „wieder unter zwei Prozent fallen“.

Mit der allseits vorhandenen Angst vor den Folgen der Hypothekenkrise kann Postbank-Mann Bargel indes nichts anfangen. „Für Deutschland ist dies weniger ein Risiko“, ist er sich sicher. „Hier investieren die Unternehmen noch aus ihren laufenden Mitteln und sind weniger auf Kredite angewiesen als ihre Konkurrenten in den anderen Industrieländern.“ Gleichwohl hat er Alternativszenarien durchgespielt. „Wenn es nicht so gut läuft, wird das Wachstum nur bei 1,5 Prozent landen, im besten Fall dagegen sind durchaus 2,5 Prozent möglich.“

Das spricht dafür:

Die Kauflaune der Verbraucher ist laut Umfrage der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) im Dezember wieder gestiegen – zum ersten Mal seit einem halben Jahr. Zudem habe jeder Deutsche im kommenden Jahr im Schnitt 700 Euro mehr zum Ausgeben, auch wegen der sinkenden Beiträge zur Arbeitslosenversicherung. Und die nächsten Tarifrunden stehen bevor – die Beschäftigten im öffentlichen Dienst verlangen acht Prozent mehr Lohn, ebenso die Stahlarbeiter, die Chemiebeschäftigten wollen sieben Prozent. Allein der Einzelhandel rechnet angesichts dessen mit Mehreinnahmen von acht Milliarden Euro.

Auch in den USA, der weltgrößten Volkswirtschaft, deuten die jüngsten Daten nicht auf eine Rezession hin. Im dritten Quartal ist die Wirtschaft dort so stark gewachsen wie seit vier Jahren nicht mehr – um 4,9 Prozent, hochgerechnet auf ein ganzes Jahr. Weil der Dollar schwach ist, boomen die amerikanischen Exporte und bringen die US-Wirtschaft so wieder ins Gleichgewicht. Und auch die Konsumenten haben sich durch die Immobilienkrise bisher kaum von ihrer Kauffreude abbringen lassen. Die Ausgaben für den privaten Konsum stiegen im November auf den höchsten Stand seit 2004. Mit einem Plus von 1,1 Prozent fiel der Anstieg fast dreimal so stark aus wie im Oktober. brö/stek

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