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Kein Streik. Im September demonstrierten Flugbegleiter in München gegen die Arbeitsbedingungen bei der Lufthansa. Nun ruft die Gewerkschaft Ufo zur Urabstimmung auf. Nach dem Schlichterspruch ist ein erneuter Arbeitskampf unwahrscheinlich.

© dpa

Tarifstreit bei der Lufthansa: Rürup schlichtet

Der frühere Wirtschaftsweise Bert Rürup findet einen Kompromiss im Tarifkonflikt des Konzerns mit der Flugbegleitergewerkschaft Ufo.

Das Wochenende wurde für Beratungen genutzt, am Dienstag wird entschieden: Gibt es wieder Streik bei der Lufthansa oder hat Bert Rürup den Konflikt erfolgreich geschlichtet? Tatsächlich hat der ehemalige Wirtschaftsweise in einem guten Dutzend Verhandlungsrunden in den vergangenen Wochen die Grundlage für einen Kompromiss gefunden. Wie aus Unternehmenskreisen zu erfahren war, wird die Empfehlung des Schlichters sowohl von der Lufthansa als auch von der Flugbegleitergewerkschaft Ufo akzeptiert. Denn keiner der Beteiligten möchte das Risiko eines erneuten Arbeitskampfes eingehen.

Im August und September hatte Ufo an ein paar Tagen die Stewardessen und Stewards am Boden gelassen – 1000 Flüge fielen aus. Das will die Lufthansa ihren Kunden kein zweites Mal zumuten. Und auch die Gewerkschaft zögert: Im Falle des Arbeitskampfes entstünde ein vertragsloser Zustand, der dem Lufthansa- Management den geplanten Personalabbau in der Kabine ohne größere Einschränkungen erlauben würde.

In dem Konflikt geht es nicht um Geld allein. Zwar fordert Ufo 5,5 Prozent mehr Gehalt für die 18 000 Flugbegleiter bei einer Laufzeit des Tarif von 15 Monaten, und die Lufthansa will nur 3,5 Prozent für die kommenden drei Jahren zahlen. Gravierender sind aber die Veränderungen, mit der die Konzernleitung mittelfristig die Einkommen drücken will: Weniger Urlaub, überhaupt längere Arbeitszeiten und geringere Zuschläge. Ufo hat Einbußen von bis zu 30 Prozent ausgerechnet. Dazu kommt die Sorge um den Arbeitsplatz: Die Lufthansa reduziert ihre Flüge, in der Folge sind rund 2000 Flugbegleiter und 500 Piloten zu viel an Bord. Ferner geht es um Auslagerungen und den Einsatz von Leiharbeitern. Schließlich werden vom nächsten Jahr an alle Flügen in Europa, die nicht von Frankfurt am Main oder München aus stattfinden, unter der Billigmarke Germanwings angeboten. Zumindest langfristig bedeutet das Einkommenverluste für die jetzt noch bei der Kerngesellschaft Lufthansa Passage beschäftigten Stewards und Stewardessen.

Vorstandschef Christoph Franz beharrt auf einem Sparprogramm.

„Das ist alles ein großer Albtraum“, sagt Alexander Behrens, Betriebsratsvorsitzender der Flugbegleiter. Die Marke sei „schwer angekratzt“, das ganze Unternehmen „im steilen Sinkflug kaputtgemacht“. Er räumt zwar ein, dass Passage in diesem Jahr einen Verlust einfliegen werde, doch die Gesellschaft habe auch schon schwierigere Zeiten überstanden – zum Beispiel die Seuche Sars, den Irakkrieg oder die Aschewolke. Jetzt aber „optimiert man sich zu Tode“, klagt der Betriebsrat über das Management.

Vorstandschef Christoph Franz beharrt dagegen auf einem Sparprogramm, das 1,5 Milliarden Euro im Jahr bringen soll; 900 Millionen davon in der Passage. Anders, so die Argumentation der Führung, seien die erforderlichen Investitionen, etwa in neue Maschinen, nicht zu finanzieren. „Wir haben strukturell zu viele Mitarbeiter an Bord“, sagt Franz. Und das möge bitte der Schlichter Rürup bei seinem Tun berücksichtigen.

Das ist zwar eigentlich nicht sein Job, er hat den Tarifstreit und keine Strukturprobleme zu lösen. Doch wie zu hören ist, hat der ehemalige Wirtschaftsweise und Rentenfachmann ein „sehr umfangreiches Papier“ erarbeitet und darin möglichst viele Belange der beiden Seiten aufgenommen. Von einem „unglaublich komplexen Verfahren“ ist die Rede. Wenn die Lufthansa ab Dienstag zustimmt, ist auf Konzernseite das Thema erledigt. Ufo dagegen muss seine Mitglieder zur Urabstimmung rufen, so dass noch ein paar Wochen ins Land gehen, bis der Konflikt tatsächlich beigelegt ist. Kommt es doch zum Arbeitskampf, beginnt der frühestens im Advent.

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