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Wirtschaft: Tarifstreit im ostdeutschen Stahl spitzt sich zu

IG Metall beginnt Aktionswoche / Eko macht Druck auf Arbeitgeberverband / Zwickel fordert Abwahl Kohls BERLIN (alf).Der Tarifkonflikt in der ostdeutschen Stahlindustrie spitzt sich weiter zu.

IG Metall beginnt Aktionswoche / Eko macht Druck auf Arbeitgeberverband / Zwickel fordert Abwahl Kohls

BERLIN (alf).Der Tarifkonflikt in der ostdeutschen Stahlindustrie spitzt sich weiter zu.Die IG Metall begann am Montag eine sogenannte Mobilisierungswoche zur Vorbereitung des Streiks; in Eisenhüttenstadt warf der IG Metall-Vorsitzende Klaus Zwiêkel den Arbeitgebern vor, "trotz voller Auftragsbücher und guter Preise den Tarifkonflikt aus politischen Gründen provoziert" zu haben.Unterdessen gab es Bewegung auf Seiten der Arbeitgeber: Die Geschäftsführung der Eko Stahl GmbH teilte mit, sie habe den Arbeitgeberverband Stahl "dringend aufgefordert, die Verhandlungen mit der IG Metall zur flächendeckenden Lösung des Tarifkonflikts unverzüglich wieder aufzunehmen".Wenn es nicht zu einer Verständigung über einen Flächentarif komme, werde Eko "kurzfristig mit der IG Metall einen eigenständigen Tarifabschluß anstreben". Der Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbandes Stahl, Josef Fidelis Senn, sagte auf Anfrage, der Verband sei zu weiteren Gesprächen mit der IG Metall bereit.Die Aufforderung der Eko-Geschäftsführung sehe er "ganz cool".Eko als einziger Flachstahlhersteller in Ostdeutschland werde von einem Streik besonders getroffen und wolle ihn deshalb, zur Not mit einem Haustarifvertrag, verhindern.Das sei "durchaus verständlich".Aber wenn sich die IG Metall darauf einlasse, habe sie offenkundig "kein Interesse mehr an einem Flächentarifvertrag", meinte Senn.Er betonte, daß 80 Prozent der ostdeutschen Stahlunternehmen Verluste schrieben; die Tarifparteien müßten sich entsprechen auf einen Abschluß verständigen, "der von allen Betrieben tragbar ist". In den neuen Ländern gibt es 14 Stahlbetriebe mit insgesamt rund 8000 Beschäftigten.Nachdem Tarifverhandlungen sowie ein Schlichtungsversuch gescheitert waren, stimmten Mitte Dezember gut 77 Prozent der Stahlkocher in einer Urabstimmung für Streik.Die Arbeitgeber wollen eine Lohnpause von 14 Monaten durchsetzen und danach die vom 1.März 1998 an in Westdeutschland vereinbarte Lohnerhöhung von 2,6 Prozent übernehmen.Allerdings bröêkelt die Front der Arbeitgeber: Preussag Stahl hat bereits für ihr Werk in Sachsen-Anhalt mit der IG Metall die Übernahme der Lohnerhöhung nach westdeutschem Muster vereinbart.Ähnliches zeichnet sich nun bei Eko ab, mit 2800 Mitarbeitern immerhin das größte Stahlunternehmen im Osten.Entsprechend fiel die Reaktion der Gewerkschaft aus, IG Metall-Bezirksleiter Hasso Düvel begrüßte in einer Stellungnahme, daß die Eko-Geschäftsführung "Druck auf den Arbeitgeberverband macht".Den Weg zu einem Verhandlungsergebnis habe "das Preussag-Walzwerk in Ilsenburg gewiesen". IG Metall-Chef Zwickel sagte in Eisenhüttenstadt laut Redemanuskript, die Stahlarbeitgeber seien in Ostdeutschland "die Minensuchhunde für alle anderen Arbeitgeberverbände".Die Stahlrunde solle zum "tarifpolitischen Elchtest für Ostdeutschland werden".Wenn die IG Metall aus der Kurve falle, würden die neuen Länder von den Westtarifen abgekoppelt.Im Kern des Konflikts gehe es um "gleiche tarifliche Entlohnung in Ost und West".Dabei berücksichtige die Gewerkschaft unterschiedliche Produktivitätsniveaus."Aber trotz gleicher Tariflöhne sind die Effektivlöhne im Osten um ca.15 Prozent niedriger, die tarifliche Arbeitszeit um ca.zehn Prozent länger und daher die Gesamtkosten entsprechend niedriger", rechnete Zwickel vor.Mehr oder weniger direkt rief der Gewerkschaftschef zur Abwahl der Bundesregierung auf.Die "Initiative zum Aufschwung Ost war ein Windei", meinte Zwickel und gab anschließend eine Empfehlung ab: "Wahltag heißt auch freie Koch- und Menüwahl.Wer dauernd Ungenießbares vorsetzt sollte als Koch in die Rente geschickt werden". Unterdessen warnte der Vorsitzende des Sachverständigenrates, Herbert Hax, vor einem Streit.Ein Arbeitskampf sei eine "äußerst törichte Maßnahme" zu Lasten der Arbeitsplätze in den neuen Ländern, sagte Hax im Inforadio.Dagegen äußerte Brandenburgs Ministerpräsident Manfred Stolpe Verständnis für die Konfliktstrategie der IG Metall.Die Gewerkschaft habe offenbar den Eindruck, "die die Profite der Unternehmer steigen, die Arbeitnehmer aber als Sparschweine benutzt werden", sagte Stolp der Zeitschrift "Super Illu".

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