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Wirtschaft: Tausende Bahnfahrer kommen zu spät

Warnstreiks bei der Bahn legen Berufsverlehr lahm / Zähe Tarifverhandlungen

Berlin (pet). Erst die Warnstreiks, dann die Verhandlungen: In der dritten Tarifrunde der Bahn haben die Arbeitgeber am Donnerstag nach Angaben aus Verhandlungskreisen ein neues Angebot vorgelegt und die Unterzeichnung einer Schlichtervereinbarung vorgeschlagen. Details wurden nicht bekannt. Bis zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe dauerten die Verhandlungen noch an. „Die Köpfe rauchen noch und es ist kein Ende abzusehen“, sagte ein Sprecher der LokführerGewerkschaft GDL am späten Nachmittag. Ein Scheitern der Verhandlungen wurde in Kreisen nicht ausgeschlossen.

Im frühen Berufsverkehr hatte die Gewerkschaft bundesweit zu Warnstreiks aufgerufen, um den Forderungen Nachdruck zu verleihen. Nach einem 45-minütigen Ausstand der Lokführer wurde der Bahnverkehr bis zum Mittag behindert. Nach Bahnangaben waren insgesamt 1000 Züge von dem Streik betroffen, darunter 800 im Nahverkehr, 50 im Fernverkehr sowie rund 150 Güterzüge.

Die Bahn hatte nach Angaben einer Sprecherin versucht, die Behinderungen durch Einsatz von verbeamteten Lokführern – die nicht streiken dürfen – zu begrenzen. Das gelang aber nur zum Teil, weil die Gleise oft durch angestellte – und damit streikberechtigte – Kollegen versperrt gewesen seien. Rund 40 Prozent der Lokführer und Zugbegleiter sind noch Beamte. An dem Ausstand haben sich am Donnerstag nach Angaben der Lokführer-Gewerkschaft GDL „mehrere Tausend“ Tarifbeschäftigte beteiligt. Es sei gelungen, eine Großteil des Eisenbahnverkehrs lahmzulegen, sagte GDL-Sprecher Maik Brandenburger. Ab 7 Uhr lief der Zugverkehr langsam wieder an, die Auswirkungen des Streiks bekamen Bahnpassagiere aber bis zum Mittag zu spüren. Insgesamt bekamen dem Sprecher zufolge in Berlin und Brandenburg bis zu 60 000 Fahrgäste die Warnstreiks direkt oder indirekt zu spüren. Die Bahn tröstete die Wartenden mit kostenlosem Kaffee.

Die drei Bahngewerkschaften und die Deutsche Bahn sind im Streit um höhere Löhne bis zum Donnerstagnachmittag nicht weitergekommen. Erschwert werden die Verhandlungen dadurch, dass es zwei getrennte Verhandlungsrunden gibt und es heftige Konkurrenzkämpfe zwischen den drei Einzelgewerkschaften gibt: Die Gewerkschaft Transnet und die GDBA verhandeln als Tarifgemeinschaft an einem Tisch, die Lokführergewerkschaft GDL gesondert an einem anderen. Insgesamt beschäftigt die Bahn rund 21 000 Mitarbeiter, davon sind rund 160 000 Angestellte und rund 50 000 Beamte. Das Unternehmen ist seit Anfang 1994 privatisiert.

Bei den Tarifverhandlungen fordern Transnet und GDBA fünf Prozent mehr Einkommen und eine Angleichung der Osteinkommen an Westniveau. Die GDL, die rund drei Viertel der 27 000 Lokführer vertritt, will für diese und die Zugbegleiter einen eigenen Tarifvertrag aushandeln, der drei Prozent mehr Lohn und Gehalt, Verbesserungen der Arbeitszeit und eine Ost-West-Angleichung bis 2007 vorsieht. Die Arbeitgeber hatten schon zuvor für Donnerstag ein konkretisiertes Angebot angekündigt, aber keine Zahlen genannt.

Bereits in der vorigen Tarifrunde hatte die Bahn ein Schlichtungsabkommen vorgeschlagen. Dies sei Voraussetzung für ein konkretes und schon vorbereitetes Angebot, betonte sie. Die Gewerkschaften wiesen die Offerte, die daneben nur einen Inflationsausgleich vorsah, als „Karnevalsscherz“ zurück. Transnet und GDBA starteten danach mit regional begrenzten Warnstreiks, die sich vom Rheinland über Bayern bis nach Norddeutschland ausweiteten und am Donnerstag Berlin erreichten.

Sollte auch die dritte Verhandlungsrunde scheitern und die Schlichtungsvereinbarung nicht unterzeichnet werden, sind weitere Warnstreiks nicht ausgeschlossen.

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