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Tausendundein DEAL (86): Böse Geister und heiße Milch

Als in dem Haus der Familie im Emirat Scharjah zum dritten Mal in wenigen Wochen ein Feuer ausbrach, vermutete die Feuerwehr höhere Mächte im Spiel: „Der Hausbesitzer“, so die offizielle Erklärung in der Zeitung, „geht davon aus, dass ein böser Dschinn dahintersteckt.“ Vermutlich nickten viele Leser der Meldung wissend mit dem Kopf: Na klar, ein Dschinn!

Als in dem Haus der Familie im Emirat Scharjah zum dritten Mal in wenigen Wochen ein Feuer ausbrach, vermutete die Feuerwehr höhere Mächte im Spiel: „Der Hausbesitzer“, so die offizielle Erklärung in der Zeitung, „geht davon aus, dass ein böser Dschinn dahintersteckt.“ Vermutlich nickten viele Leser der Meldung wissend mit dem Kopf: Na klar, ein Dschinn! Eines jener Wesen zwischen Himmel und Erde, die seit Jahrhunderten zur Mythologie des Islam gehören. In den Geschichten aus 1001 Nacht erscheinen sie meist nach Reiben einer Lampe aus derselben.

Auch wenn sie in Hochhäusern mit Glitzerfassaden leben und ihre Wohnungen mit Hightech vollstopfen – in Arabien ist der Aberglaube fester Bestandteil der Gefühlswelt vieler Menschen. Nur bei der Zauberei hört es auf! Die ist nämlich verboten, und Geschäfte damit sind es erst recht. Also machte sich die Polizei an die Bande heran, die Kieselsteine als Medizin verkaufte. Die „Wundersteine“, so die Mund-zu-Mund-Propaganda, könnten Krankheiten heilen und seien dafür ja recht günstig: Umgerechnet 60 000 Euro pro Stein kassierten die Gauner. Ein verdeckter Ermittler spielte eine Krankheit vor und den Wunsch, einen Zauberstein zu erwerben. Er zahlte 2000 Euro an, bei der Übergabe griffen seine Kollegen zu.

Auch die Inder, die größte Einwanderergruppe, pflegen fremde Rituale. So küsste eine Verkäuferin einen Geldschein, nachdem er ihr aus Versehen auf den Boden gefallen war. Mein indischer Freund Jacob erklärte mir später den Grund: „Damit besänftigt sie den Hindu- Gott, der für das Geld zuständig ist, entschuldigt sich so für die Entehrung.“ Jacob hatte bei dem Gespräch die Papiertüte einer Fastfood-Kette im Arm und entschuldigte sich für seine Eile: „Ich muss das Abendessen zu Frau und Kind bringen.“ Warum er jetzt Fastfood zu Hause esse, wollte ich wissen. „Ach, wir können ja den Herd in unserer neuen Wohnung noch nicht benutzen“, seufzte er. „Erst wenn meine Mutter auf ihm einen Topf Milch zum Überkochen gebracht hat, darf meine Frau auf ihm kochen.“ Lange muss die Familie nicht mehr warten: Die Mutter in Indien hat den Flug schon gebucht.

Der Autor (46) betreibt eine Medienfirma in Dubai und lebt abwechselnd dort und in Berlin.

Tewe Pannier, ein Geschäftsmann

aus Berlin, erzählt von Arabien

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