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Teilprivatisierung: Mehdorns russische Freunde

Erster Investor, die russische Staatsbahn, zeigt Interesse an Deutscher Bahn.

Der Bundestag muss die Teilprivatisierung der Deutschen Bahn noch beschließen – aber ein Interessent hat sich schon aus der Deckung gewagt. Die russische Staatsbahn berichtete am Mittwoch von ersten Gesprächen über einen Einstieg. „Das ist eine gute Idee, über die wir mit Hartmut Mehdorn sprechen“, sagte der Vorstandsvorsitzende Wladimir Jakunin bei einer Tagung in Sotschi. Dort hatte er seinen Amtskollegen aus Berlin und andere hochrangige Deutsche-Bahn- Manager getroffen. Die beiden Konzerne arbeiten bereits seit Jahren zusammen und unterhalten eine gemeinsame Gesellschaft, die den Containertransport zwischen China und Europa ausbauen soll.

Dieses Güterverkehrsprojekt stößt im Grundsatz auch auf Zustimmung von Hermann Scheer, dem profilierten Privatisierungsgegner der SPD-Bundestagsfraktion. Allerdings berge es große Kostenrisiken und müsse neben Deutschland und Russland auch China, die Mongolei, Weißrussland und Polen einbinden. „Das ist ein politisches Sechs-Länder- Vorhaben. Als Projekt der Deutschen Bahn ist es problematisch“, sagte Scheer dem Tagesspiegel. „Die Global-Player- Träume von Hartmut Mehdorn führen in die Irre. Aber eine russische Staatsbahn ist möglicherweise besser als mancher amerikanische Investor.“

Mehdorn äußerte sich nicht. Ein Bahn- Sprecher in Berlin wollte keine Angaben zum Inhalt des Gesprächs in Sotschi machen. Der Bund als Eigentümer entscheide, an wen er verkaufe. Das Finanzministerium lehnte eine Stellungnahme ab. Regierungssprecher Ulrich Wilhelm sagte, solche Fragen seien erst zu behandeln, wenn die Details der geplanten Teilprivatisierung beschlossen seien und sich das Tableau der Interessenten zeige.

Auch die russische Staatsbahn strebt an die Börse: In drei Jahren wolle sie knapp ein Viertel des Unternehmens für umgerechnet rund 16 Milliarden Euro verkaufen, sagte ihr Vizepräsident Fjodor Andrejew in Sotschi. Bei der Deutschen Bahn sollen 24,9 Prozent der Transportgesellschaften möglichst noch im Herbst privatisiert werden. Der Bund hofft auf Erlöse von bis zu acht Milliarden Euro.

Jakunin hatte schon im vergangenen Jahr, als das Modell der Teilprivatisierung der Deutschen Bahn noch unklar war, Interesse an einem Einstieg gezeigt. Jetzt bekräftigte er: „Unser Staat sollte allen lohnenden Investitionen nachgehen.“ Auch der russische Vize-Regierungschef Alexander Schuchow sagte, der Staat solle derartige Investitionen unterstützen, wenn sie sich anböten. Es sei aber noch zu früh, um über Einzelheiten zu sprechen.

Der Umsatz der russischen Staatsbahn lag nach unbestätigten Angaben im vergangenen Jahr bei umgerechnet 25,8 Milliarden Euro, der Gewinn belief sich auf 2,3 Milliarden Euro. Bei der Deutschen Bahn waren es mehr als 31 Milliarden Euro Umsatz und 1,7 Milliarden Euro Gewinn – Tendenz deutlich steigend: Im ersten Quartal kletterte der Umsatz um sechs Prozent auf rund acht Milliarden Euro. Das Betriebsergebnis nach Zinsen legte nach Angaben aus Unternehmenskreisen sogar um rund 18 Prozent auf 448 Millionen Euro zu.

Deutsche und russische Unternehmen der Branche arbeiten bereits eng zusammen. Am Rande der Tagung in Sotschi gründeten Bombardier Transportation aus Berlin und die russische Transmashholding ein Gemeinschaftsunternehmen zur Entwicklung von Lokomotiven.

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