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Wirtschaft: Telefon-Gebühren: Wie aus SMS "Schaden mit System" wird

Mit einer SMS dem zukünftigen Babyglück auf die Sprünge helfen - der Eisprung-Erinnerungs-Service des britischen Internetportals "Web-Baby" macht es möglich. Die Frau lässt auf der Website den letzten Tag ihrer Periode und die Handynummer ihres Mannes registrieren.

Mit einer SMS dem zukünftigen Babyglück auf die Sprünge helfen - der Eisprung-Erinnerungs-Service des britischen Internetportals "Web-Baby" macht es möglich. Die Frau lässt auf der Website den letzten Tag ihrer Periode und die Handynummer ihres Mannes registrieren. Ein Computer berechnet die Empfängniswahrscheinlichkeit und schickt dem potenziellen Erzeuger eine elektronische Kurznachricht - auch SMS genannt - auf sein Mobiltelefon. Die SMS erinnert ihn daran, dass an diesem Tag die Fruchtbarkeit seines holden Weibes den monatlichen Höchststand erreicht hat.

In Großbritannien haben Unternehmen und Servicedienste den SMS-Versand längst als lukratives Geschäft entdeckt. Aber auch hierzulande schwappt jetzt eine Welle kommerzieller Kurznachrichten durch die Mobilfunknetze. Allerdings verkünden die Kurznachrichten nicht immer ein freudiges Ereignis. Allzu oft sind es unverlangte Werbebotschaften, die auf dem Handydisplay des Empfängers erscheinen. Häufig überschreiten diese Reklame-SMS die Grenzen der Legalität und können den Empfänger teuer zu stehen kommen. Angesichts von 20 Milliarden elektronischer Kurznachrichten, die die Deutschen jährlich verschicken, wird für Unternehmen das Werben per SMS immer attraktiver. "Der wachsende Markt führt aber auch dazu, dass Handybesitzer unbestellte und unseriöse Werbe-SMS erhalten", sagt Thorsten Kasper vom Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände.

Verbraucherzentralen warnen besonders vor Kurznachrichten, die dem Handybesitzer zu einer gewonnenen Reise oder einem neuen Auto gratulieren. In der SMS wird der vermeintliche Glückspilz aufgefordert, sich umgehend unter einer angegebenen Rufnummer zu melden. Ein solcher Anruf führt allerdings nicht zu dem versprochenen Gewinn, sondern nur zu einer hohen Handyrechnung: Denn meist handelt es sich um teure 0190er- oder 0180er-Service-Nummern. Der Betroffene landet in einer Warteschleife und der Gebührenzähler tickt, ohne dass sich jemand meldet. Bei Minutenpreisen von bis zu 4,75 Mark kann der nutzlose Anruf schnell richtig teuer werden.

"Ohne die vorherige Zustimmung des Handybesitzers sind Werbe-SMS nicht zulässig und wettbewerbswidrig", erklärt Peter Solf vom Deutschen Schutzverband gegen Wirtschaftskriminalität. Zwar gebe es hier noch keine aktuelle Rechtsprechung, doch würden die Gerichtsurteile für Telefon-, Telefax- und E-Mail-Werbung jederzeit auf die SMS-Reklame übertragbar sein. Denn wie bei E-Mails muss auch bei elektronischen Kurznachrichten aufs Handy Arbeitszeit aufgewendet werden, um die Werbung auszusortieren. Zudem ist zu befürchten, dass die Werbesendungen die Speicherkapazität der Empfänger-Mailbox belegen und so der Kunde andere wichtige Nachrichten nicht mehr erhalten kann.

Eine besonders dreiste Masche ist vor kurzem beim Europäischen Verbraucherzentrum in Kiel bekannt geworden. "Hallo Anne, habe mehrmals versucht, Dich zu erreichen. Ruf mich doch bitte nach 17 Uhr unter 0190-865904 zurück", las eine Handybesitzerin auf dem Display ihres Mobiltelefons. Wegen der persönlichen Anrede glaubte die Frau, es handele sich um jemanden aus ihrem Bekanntenkreis und wählte die genannte Nummer. Am anderen Ende der Leitung meldete sich eine auf Tonband aufgezeichnete Stimme, die immer wieder sagte: "Hallo, ich kann Sie nicht verstehen, Sie müssen lauter sprechen." Der Rückrufversuch kostete Anne 3,63 pro Minute.

Wer genau sich hinter einer 0190er-Nummer verbirgt, ist für die Geschädigten nur schwer herauszubekommen. Oft steht der dafür nötige Aufwand in keinem Verhältnis zum verursachten Schaden. Fast jeder kann ohne genauere Überprüfung bei Großanbietern, wie beispielsweise der Deutschen Telekom, eine Servicenummer kaufen und auch ganz einfach wieder abmelden. Deshalb ist der Markt recht unübersichtlich. Thomas Meinecke von der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein empfiehlt, den Wortlaut der Werbe-SMS einschließlich der genannten Rückrufnummer aufzuschreiben und an die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs in Bad Homburg oder die Regulierungsbehörde in Bonn weiterzuleiten. "Diese Institutionen können den Absender ermittlen und prüfen, ob ein Abmahnverfahren einzuleiten ist", sagt Verbraucher-Experte Meinecke.

Das sieht die Bonner Regulierungsbehörde allerdings anders. Zwar verweist sie auf ihre Internetseite (www.regtp.de), wo unter der Rubrik "Nummernverwaltung" die vergegebenen Servicenummern inklusive der dazugehörigen Betreiber aufgelistet sind. Aber: "Die Absender von SMS-Reklame ausfindig zu machen oder juristisch zu belangen fällt nicht in unseren Aufgabenbereich, da es sich um eine zivilrechtliche Angelegenheit handelt", erklärt Rudolf Boll, Pressesprecher der Behörde, und hat noch einen Tipp für alle Handybesitzer parat: "Niemals die in der SMS angegebene 0190er-Nummer zurückrufen." Mehr als kluge Ratschläge haben auch die Netzbetreiber nicht zu bieten. "Wir sind nur die Übermittler und daher nicht für die Inhalte der Kurznachrichten verantwortlich", sagt Amelie Doebele von D2 Vodafone.

Der Mobilfunkanbieter T-Mobil versucht jetzt in dem Pilotprojekt "Mr. Adgood", seinen Kunden die Werbung per SMS schmackhaft zu machen. Für jede Werbebotschaft erhält der Kunde eine Gutschrift von 100 Punkten, was einem Gegenwert von zehn Pfennig enspricht. Die Handybesitzer können selbst bestimmen, wie viele Werbe-SMS sie pro Tag erhalten möchten.

Dagmar Rosenfeld

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