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Auswahl. Schnelles Internet gibt es nicht nur über das Telefonkabel.

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Telefonieren und surfen: Warum wir immer noch so lange auf unseren DSL-Anschluss warten

Wer seinen Internetanbieter wechseln will, hat die Wahl, rund 400 Anbieter sind am Markt. Doch hinter DSL steht am Ende immer – die Telekom. Und das kann für den Kunden sehr misslich sein.

Gerade erst ist es wieder passiert: 75 000 Euro soll ein großer deutscher Anbieter bezahlen, weil er Kunden beim Wechsel des Internetanschlusses hängen gelassen hat. Das einzige tatsächlich deutsche Unternehmen unter den drei hierzulande marktdominierenden ist die Deutsche Telekom. Und die Bonner räumen ein, dass im aktuellen Fall sie die von der Bundesnetzagentur verhängte Strafe berappen müssen. Obwohl der Gesetzgeber 2012 definiert hat, dass Kunden bei einem Anbieterwechsel nicht länger als einen Tag ohne Anschluss sein dürfen, bleibt der Weg zum schnellen, schnelleren oder günstigeren Internet vielfach ein Ärgernis. In einer Stichprobe der Stiftung Warentest im vergangenen Jahr warteten Verbraucher teils mehr als zehn Wochen auf einen neuen Anschluss.

Die letzte Meile

Anbieter wählen, Papierkram überlassen, entspannt weitersurfen: Warum dieser Traum sich oft als Albtraum entpuppt, liegt nach Ansicht von Experten an der Struktur des Netzes. Denn obwohl sich Kunden im Telekommunikationsmarkt unter rund 400 Anbietern umtun können, kommen sie an der Telekom nicht vorbei. Die sogenannte letzte Meile vom grauen Verteilerkasten an der Straße bis ins Haus ist in der Regel im Besitz des ehemaligen Staatskonzerns. Konkurrenten, die ebenfalls schnelle DSL-Anschlüsse anbieten, sind darauf angewiesen, dass die Telekom die Leitung auf diesen letzten Metern freischaltet. Dafür muss sie in vielen Fällen einen Techniker beauftragen, den sie teils unabhängig davon bezahlt, ob der Termin von Erfolg gekrönt war.

„Man hört immer wieder, dass Techniker ihre Termine zeitlich nicht schaffen“, sagt Thomas Bradler, Experte bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Böse Absicht kann man der Telekom dabei wohl nicht unterstellen: In der Stichprobe der Stiftung Warentest platzten vier von sieben Terminen selbst bei Telekom-Kunden.

Wenn es hakt

Doch ganz egal, ob bei der Telekom oder den beiden großen Konkurrenten Vodafone und Telefonica mit seiner Marke O2: Leidtragender bei einem misslungenen Wechsel des DSL-Anschlusses ist in jedem Fall der Kunde. Er muss sich in Eigeninitiative um einen neuen Termin kümmern – oft ein Spiel über Bande, weil der neue Anbieter, wenn er nicht Telekom heißt, sich wiederum mit dem Bonner Konzern ins Benehmen setzen muss. „Grundsätzlich hat man als Kunde recht wenig Möglichkeiten, das Verfahren zu beschleunigen“, sagt Bradler. Er kann sich auf die erwähnte Rechtslage berufen und dem Anbieter schriftlich eine Frist setzen, bis zu der der Anschluss zu erfolgen hat. Zieht sich das Drama weiter hin, kann er dem neuen Anbieter auch kündigen. „Das aber bringt einen auch nicht näher an einen Anschluss“, verdeutlicht Bradler das Dilemma.

Verärgerte Verbraucher können sich auch an die Bundesnetzagentur wenden. Die Regulierer in Bonn haben ein entsprechendes Formular auf ihrer Internetseite zum Herunterladen bereitgestellt. Sie versprechen, jeden Einzelfall zu prüfen und gegebenenfalls Kontakt mit dem jeweiligen Anbieter aufzunehmen. Allein im vergangenen Jahr verzeichnete die Agentur mehr als 28 000 solcher Beschwerden, von denen sie nach eigenen Angaben 5000 an die Unternehmen weiterreichte. Im Jahr zuvor seien es noch 22 000 Anfragen und 4500 weitergeleitete Beschwerden gewesen – die Netzagentur sehe also eine „steigende Tendenz“, sagt Präsident Jochen Homann.

Die Alternative

Wer in seinem Haus einen Kabelanschluss fürs Fernsehen hat, kann sich viel möglichen Ärger um die DSL-Nutzung ersparen. Denn auch die Kabelnetzbetreiber bieten Telefon- und Internetanschlüsse an – und die laufen über ihre eigenen Leitungen. Eine Kollision mehrerer Anbieter auf einer Leitung wie beim Telefonnetz gibt es hier also nicht und damit auch keine langen Wartezeiten bei Wechsel oder Neuanschluss. Auch qualitativ gibt es keine Nachteile. Im Gegenteil: „Oft kommt die versprochene Maximalgeschwindigkeit der tatsächlichen näher als im Telefonnetz“, sagt Verbraucherschützer Bradler. Der Haken: Kabel ist vor allem in Ballungsräumen verfügbar – in Berlin etwa über Kabel Deutschland oder Telecolumbus. Daran wird sich auch nichts ändern, weil die Betreiber ihre Netze nicht weiter ausbauen.

Die letzte Rettung

In abgelegenen Gegenden und auf dem Land lautet die Frage also nicht: wohin wechseln?, sondern: wohin überhaupt? Eine Möglichkeit ist der aktuelle Mobilfunkstandard LTE. „LTE ist sehr schnell, das ist richtig“, sagt Bradler. Aber die Volumina für schnelle Datennutzung sind nicht vergleichbar mit denen bei DSL- oder Kabelangeboten. Bereits wer ab und an mal einen Spielfilm im Netz anschaut, kommt bei zehn oder 15 Gigabyte Datenvolumen schnell in Bedrängnis. Ist das Kontingent aufgebraucht, muss der Kunde entweder nachzahlen oder den Rest des Monats im Schneckentempo surfen. Filme gibt es dann – wie früher – nur im Fernsehen oder über DVD.

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