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© dpa

Telekom-Chef: René Obermanns harte Nummer

Um diesen Job hat ihn niemand beneidet: Ein Jahr leitet René Obermann die Telekom, seine Bilanz ist gemischt. Der Service ist jedenfalls noch nicht besser geworden.

Berlin - René Obermann, seit 13. November 2007 Chef der Deutschen Telekom, hat viel Bewegung in den Konzern gebracht. Die ehemalige Behörde soll unter seiner Regie besseren Service bieten und kosteneffizienter werden. Das hat er versprochen. Doch der Service hat sich nicht verbessert, sagen die Verbraucherschützer. Die Mitarbeiter sind verbittert, kritisiert die Gewerkschaft. Und dem Aktienkurs, klagen die Anleger, hat der Telekom-Chef keine positiven Impulse gegeben. Dennoch stellen viele Beobachter Obermann kein schlechtes Zeugnis aus – immerhin sei so ein Konzern mit weltweit mehr als 240 000 Mitarbeitern nicht in wenigen Monaten umzukrempeln. Was der 44-Jährige bisher erreicht hat, wird sich am Donnerstag zeigen, wenn die Quartalszahlen vorgelegt werden.

Analysten erwarten, dass die Telekom weiterhin massiv Kunden im Festnetz verliert, mehr als eine Million waren es im ersten Halbjahr, mehr als 500 000 werden es wohl auch im dritten Quartal gewesen sein. „Die Umsätze im Inland werden im Festnetz weiter schrumpfen, das ist sicher“, sagt Thomas Friedrich von Unicredit in München. „Die Frage ist nur, ob es gelingt, die Ergebnisse zu verbessern.“ Das Festnetz sei nach wie vor in keinem glänzenden Zustand, sagt Frank Rothauge vom Bankhaus Sal. Oppenheim. „Der erste Silberstreif ist jedoch, dass das Geschäft sich zu stabilisieren beginnt. Die Wettbewerber fangen bereits an, sich bei der Bundesnetzagentur zu beschweren.“ Im Verkauf mit schnellen Internetanschlüssen (DSL) war die Telekom zuletzt sehr erfolgreich, meint der Analyst, und traut der Telekom einen Marktanteil von mehr als 50 Prozent bei den Neukunden zu.

„Herr Obermann hat meine Erwartungen übertroffen“, sagt Friedrich von Unicredit. „Er hat eine Position angetreten, die sehr schwierig ist und die Sache besser gemacht als gedacht.“ Dazu beigetragen habe allerdings auch ein gewisses Umdenken in der Politik. Der Bund ist mit 32 Prozent der Anteile größter Aktionär der Telekom. „In der jüngsten Zeit haben sich Politiker zum Thema Deutsche Telekom stärker zurückgehalten als dies in der Vergangenheit der Fall war“, sagt Friedrich. Man habe Obermann machen lassen, das habe sich ausgezahlt.

Das größte Projekt war die Ausgliederung von mehr als 50 000 Mitarbeitern in neue Servicegesellschaften – gegen den massiven Widerstand der Beschäftigten und der Gewerkschaft Verdi. Bei T-Service müssen die Mitarbeiter länger arbeiten und werden künftig weniger verdienen. Doch den ersten Streik bei der Telekom seit ihrer Privatisierung hat die Firma gut weggesteckt – und Obermann hat einen guten Teil seines Zieles erreicht, ein Einsparvolumen von mehr als 700 Millionen Euro. Analyst Friedrich findet es bemerkenswert, dass Obermann das Projekt T-Service durchgebracht habe. „Da hat er viel diplomatisches Geschick bewiesen.“

Das sieht Verdi-Bundesvorstand Lothar Schröder anders. „Es fehlt an der Wertschätzung gegenüber dem Personal.“ Alles was Obermann positives erreicht habe – etwa der Erfolg bei DSL – werde davon überschattet. Obermann könne seine Ziele nicht erreichen, wenn er die Menschen vergraule. „Kaum jemand hat so schnell so viel Zuversicht zerstört“, sagt Schröder, und kritisiert, dass der größte Aktionär dabei zusieht. „Der Bund zieht sich aus seiner beschäftigungspolitischen Verantwortung zurück.“ Seit ihrer Privatisierung im Jahr 1995 hat die Telekom jedes Jahr im Schnitt 10 000 Stellen abgebaut. Analysten gehen davon aus, dass allein der technische Fortschritt dazu führen wird, dass weitere zehntausende Arbeitsplätze verschwinden werden.

Die SPD jedenfalls will, dass der Bund „auf jeden Fall einen Anteil von mehr als 25 Prozent an der Telekom behält“, sagt Martin Dörmann, Berichterstatter der SPD-Bundestagsfraktion für Telekommunikation. „Der Bundesanteil ist wichtig, um dafür zu sorgen, dass nicht Heuschrecken mehr Druck in den Konzern bringen.“ Wichtig sei auch, dass für den Umbau, der im Unternehmen weitergehe, „sozialverträgliche Lösungen gefunden werden“. Obermann habe viel bewegt, sagt Dörmann. Und er hält den Telekom-Chef nach wie vor für den richtigen Mann auf dem Posten. „Da gibt es niemanden, von dem ich gehört habe, dass er daran Zweifel hat.“

Doch Sparprogramm und Personalumbau, die für so viel Wirbel gesorgt haben, haben für die Kunden noch keine spürbaren Verbesserungen gebracht. „In der Konsolidierung des Unternehmens hat Obermann sicher Fortschritte erzielt“, sagt Gerd Billen, Chef des Bundesverbands der Verbraucherzentralen. Auch bei den Angeboten scheine die Telekom wieder auf breiteres Kundeninteresse zu stoßen. „Was aber nach wie vor aussteht, ist eine Trendwende im Service“, sagt Billen. „Wir haben nicht wahrnehmen können, dass eine maßgebliche Serviceverbesserung stattgefunden hat.“ Ein absolut falsches Signal sei es gewesen, zum Amtsantritt eine Kundenoffensive auszurufen und fast gleichzeitig denjenigen Mitarbeitern weniger Geld und eine Auslagerung in Aussicht zu stellen, die für den Service zuständig sind.

„Im Kundenmanagement fehlen offenbar Leute“, konstatiert auch Analyst Friedrich. Auch er fordert: „Obermann muss den Konzern weiter in Richtung Servicequalität umbauen und die Augen für weitere Akquisitionen offenhalten.“ Doch weitreichende Veränderungen erwartet er nicht. Auch bei der T-Aktie ist die Mehrheit der Analysten wenig optimistisch. „Spannend wird der Ausblick, den Obermann am Donnerstag geben wird“, sagt Friedrich und fügt aber hinzu: „Ich sehe derzeit noch keine Faktoren, für eine nachhaltige Neubewertung der Aktie.“

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