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Die T-Manager. Finanzvorstand Timotheus Höttges überragte bei seiner Vorstellung 2009 Vorstandschef René Obermann. In einem Jahr wird er nun dessen Nachfolger.Foto: dpa

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Telekom-Chef tritt zurück: Obermanns langer Abschied

Führungswechsel bei der Telekom: Konzernchef René Obermann räumt Ende des kommenden Jahres seinen Posten, um einen "geordneten Übergang" zu ermöglichen. Sein Nachfolger steht bereits fest: Finanzchef Timotheus Höttges.

René Obermann ist versessen auf Details. Oft hat er die Menschen in seiner Umgebung damit überrascht, dass er bei einer Umsatz- oder Kundenzahl auch noch die dritte Stelle hinterm Komma kannte. Jetzt hat er wieder eine Zahl vor Augen: Im März kommenden Jahres wird er 50 Jahre alt. Das scheint ihm offenbar der richtige Zeitpunkt zu sein, noch einmal etwas Neues anzufangen. Von Amtsmüdigkeit könne keine Rede sein, versichert er in einer Telefonkonferenz am Donnerstagnachmittag. „Nicht ein Funke geht in diese Richtung“, sagt er. „Ich habe eine Menge Energie im Körper und auch im Geist.“ In welche konkreten Projekte die Energie künftig fließen soll, verrät er jedoch nicht.

Obermann will Ende 2013 als Telekom-Chef zurücktreten und das Unternehmen verlassen. Sein Nachfolger soll Finanzchef Timotheus Höttges werden. In der langen Übergangszeit soll der Wechsel an der Spitze vorbereitet werden. Obermanns Ankündigung kam so überraschend, dass sofort die Frage aufkam, ob sein Abschied tatsächlich eine persönliche Entscheidung ist. Derzeit gibt es jedoch keine Anzeichen, dass es Druck aus dem Aufsichtsrat gegeben hat, der am Donnerstag tagte. Der deutsche Staat, vertreten durch das Bundesfinanzministerium, hält immer noch 32 Prozent der Telekom-Anteile und ist damit wichtigster Aktionär. „Wir bedauern die Entscheidung, respektieren aber seine Gründe“, hieß es aus dem Bundesfinanzministerium. „Die gefundene Nachfolgeregelung spricht dafür, dass Kontinuität gewahrt wird.“ Das klingt nicht so, als ob das Ministerium gänzlich andere Vorstellungen hätte als Obermann. Viel spricht also dafür, dass es Obermann wirklich darum geht, noch einmal etwas anderes zu machen. Als er 2006 sein Amt als Telekom-Chef antrat, hatte er es mit nur 43 Jahren bereits zum Vorstandschef des größten Telekommunikationsunternehmens Europas gebracht. In der Telefonkonferenz erinnerte er noch einmal daran, dass er bereits mit Anfang 20 seine erste erfolgreiche Firma gründete. Nach einer Ausbildung zum Industriekaufmann bei BMW hatte er ein Studium der Volkswirtschaftslehre begonnen, das er bald wieder abbrach. Parallel zum Studium hatte er ABC Telekom aufgebaut und vertrieb Telefone, Anrufbeantworter und Kopiergeräte. Schon im zweiten Jahr machte er damit mehr als eine Million Mark Umsatz. 1998 holte ihn dann der damalige Telekom-Chef Ron Sommer zur Telekom.

„Ich werde die Strategie von Obermann weiterführen“, sagt Höttges.

Auch Frank Ridder von Gartner Research sagt, die Entscheidung komme überraschend. Obermann hat erst vor kurzem die neue Telekom-Strategie vorgestellt und für diese offensichtlich auch die Unterstützung des Aufsichtsrats. „Die neue Strategie ist solide“, sagt Ridder. „Nun kommt es natürlich darauf an, dass sie auch auf die Straße gebracht wird.“ Er bedaure, dass Obermann geht. Dieser sei ein strategisch und visionär denkender Mensch. Auch sein Nachfolger Höttges mache einen soliden Eindruck. Aber er sei ein Mann der Zahlen. „Die Telekom ist kein Unternehmen, dass man allein aus Sicht der Zahlen führen kann“, meint Ridder. „Man darf nicht die Vision aus den Augen verlieren.“
Höttges, der privat eng mit Obermann befreundet ist, steht für Kontinuität. „Ich werde die Strategie von Obermann weiterführen“, sagt er. Er war alle wesentlichen Schritte im Konzern gemeinsam mit Obermann gegangen. Zusammen hatten sie etwa 2010 die Festnetz- und Mobilfunksparten in Deutschland zusammengelegt und den Verkauf der Sorgentochter T-Mobile USA eingefädelt, der aber letztlich floppte. Höttges verwaltet die Telekom-Finanzen seit März 2009.
Die Ankündigung des Vorstandswechsels kommt nur kurze Zeit, nachdem Obermann und Höttges die krisengeplagten Aktionäre mit einer unerwartet heftigen Dividendenkürzung schockiert haben. Zugunsten eines milliardenteuren Netzausbaus soll die Gewinnbeteiligung für 2013 und 2014 auf einen halben Euro je T-Aktie gekappt werden – das ist der niedrigste Stand seit knapp zehn Jahren. Allein für vier Milliarden Euro will die Telekom ihr Mobilfunknetz in den USA modernisieren, weitere sechs Milliarden Euro sollen in den Breitband-Ausbau in Deutschland fließen. Hier spürt die Telekom die immer schärfer werdende Konkurrenz durch die Kabelnetzanbieter. mit Reuters

Die T-Aktie notierte 0,5 Prozent fester bei 8,63 Euro. Der Markt müsse sich erst noch seine Meinung zu dem Rücktritt bilden, sagte ein Händler. mit rtr mit Reuters

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