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Wirtschaft: Termin für Lkw-Maut wackelt schon wieder

Industrie gibt keine Garantie für November / Opposition verzichtet auf Untersuchungsausschuss gegen Stolpe

Berlin (fo). Der Start der LkwMaut wird vermutlich erneut verschobenen. Nach Angaben des Vorsitzenden des Verkehrsausschusses im Bundestag, Eduard Oswald (CSU), hat Verkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) am Montag den 2. November zwar für „erreichbar“ erklärt aber „keine Garantie abgegeben“. Nach den Erfahrungen mit dem „verpatzten Mautstart“ rechnet Oswald damit, dass auch der 2. November nicht eingehalten wird. Ein Ministeriumssprecher sagte, Stolpe gehe weiter von einem pünktlichen Start aus.

Nach einer Serie von Pannen, die zur Verschiebung der Mauterhebung von Anfang September auf Anfang November führte, musste Stolpe am Montag vor dem Verkehrsausschuss Rede und Antwort stehen. Stolpe selbst hat nach Angaben aus Teilnehmerkreisen gesagt, dass die Maut komme, „wenn die Industrie es rechtzeitig schafft“. Trotz der mehrstündigen Sitzung in Berlin seien „erhebliche Fragen offen geblieben“, sagte Oswald dem Tagesspiegel. Beispielsweise wie der Einnahmeausfall durch die Verschiebung in Höhe von 380 Millionen Euro aufgefangen werden soll und warum das Controlling im Verkehrsministerium nicht funktioniert habe. Außerdem gebe es viele Fragen zum Vertrag mit dem Maut-Konsortium.

Trotzdem verzichtet die Opposition auf die Einrichtung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses, den sie letzte Woche noch angekündigt hatte. Der Verkehrsminister habe zugesagt, künftig die verkehrspolitischen Obleute der Parteien zu informieren. Das nächste Treffen erwartet Oswald für Ende September. Bis dahin soll auch die neue Testphase für das Mautsystem angelaufen sein. Stolpe hatte mit dem Betreiberkonsortium Toll Collect vereinbart (Daimler-Chrysler, Telekom, Cofiroute), dass bis Mitte Oktober ein neues Gutachten zum Betriebsfähigkeit des Systems vorliegen muss.

Die Haushalts- und Verkehrspolitikerin der Grünen, Franziska Eichstädt-Bohlig sagte nach der Anhörung Stolpes, dass auch ihre Fraktion ein „Fragezeichen“ hinter den 2. November als Starttermin setze. Noch ungeklärt ist nach ihren Worten, ob Toll Collect nicht doch für den Einnahmeausfall in Haftung genommen werden könne. Ab Dezember sei die Haftungsfrage eindeutig zu Lasten des Konsortiums geklärt, sagte Eichstädt dem Tagesspiegel. Die im Bundeshaushalt fehlenden 380 Millionen Euro sollen nach den jetzigen Planungen auf die Haushaltsjahre 2003 bis 2005 verteilt werden.

Die Grünen-Politikerin übte zudem harte Kritik an der Industrie: Es sei „skandalös wie oberflächlich die großen Konzerne mit der Einführung der Lkw-Maut umgegangen sind.“ Daimler-Chrysler und die Telekom müssten den 2. November als Starttermin jetzt „auf jeden Fall halten“.

Die erste Woche Probelauf der Lkw-Maut war nach Einschätzung des Bundesverbandes Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung ein totales Fiasko. „Es geht nichts“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbands, Karlheinz Schmidt, am Montag. Die technischen Probleme seien so groß, dass das System – wäre es jetzt wie eigentlich gesetzlich vorgesehen schon allgemein eingeführt – nach dem Gebühren- und Steuerrecht keinen Bestand hätte.

Ein Großteil der rund 70 000 ausgegebenen so genannten Onbordunits (Obu) zum Einbau in die Lastkraftwagen habe teilweise widersprüchliche, teilweise falsche Berechnungen gemacht. Auch die manuellen Einbuchungsstationen an den Tankstellen seien reihenweise wegen defekter Software ausgefallen. Für den Fall, dass das System auch bis zum 2. November nicht ohne Probleme laufe, „haben wir unseren Mitgliedern schon Beistand zugesichert“, erklärte Schmidt.

Zwischen Verkehrsministerium und der Wirtschaft ist unterdessen ein Streit darüber entbrannt, ob die Maut zu Preiserhöhungen führen muss. Der Einzelhandel nannte das unvermeidbar. Nach der Post hatte auch der Kosmetikkonzern Beiersdorf („Nivea“) Preiserhöhungen angekündigt. Die Versandhändler Otto und Quelle sehen dafür keinen Grund. Nach Berechnungen des Verkehrsministeriums bewegen sich die Belastungen einzelner Produkte nur im Cent-Bereich und spielten daher keine große Rolle.

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