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Wirtschaft: Terror treibt Euro kurzfristig auf Höchstkurs

Gemeinschaftswährung erreicht die Marke von 1,20 Dollar/Firmen sind auf steigenden Euro vorbereitet

Berlin (brö/sök/hop). Die Nervosität an den internationalen Börsen wächst. Die neuen Terroranschläge in der Türkei und eine zwischenzeitliche Evakuierung des Weißen Hauses in Washington schickten die Kurse am Donnerstag auf Talfahrt. Gleichzeitig kletterte der Euro kurzfristig auf 1,20 Dollar – den bisherigen Höchststand. Erst gegen Handelsschluss kehrte etwas Ruhe an den Finanzmärkten ein. Die Lage bleibt aber gespannt. Bei den Anlegern wächst die Sorge, der Euro könnte weiter steigen und den Export verteuern.

Der Deutsche Aktienindex (Dax) fiel in der Spitze um fast zwei Prozent. Die Verluste schrumpften wieder, nachdem klar wurde, dass im Weißen Haus falscher Alarm gegeben worden war. Außerdem wurden posititive Daten zur US-Konjunktur veröffentlicht. Der Dax schloss bei 3638,04 Punkten, ein Minus von 0,4 Prozent. Auch die US-Börsen gingen schließlich mit leichten Verlusten aus dem Handel.

Beim Euro gab es große Kursausschläge. Nach Verlusten kletterte die Gemeinschaftswährung wieder in die Höhe. Die Europäische Zentralbank legte den Referenzkurs bei 1,1909 Dollar fest, kaum niedriger als noch am Mittwoch. Mit der Nachricht einer möglichen Bedrohung des Weißen Hauses sprang der Euro für kurze Zeit auf 1,20 Dollar, bröckelte dann aber schnell wieder ab. Am Abend bewegte er sich um das Vortagsniveau von knapp über 1,19 Dollar.

Autobauer haben vorgesorgt

Gegen die negativen Folgen des Euroauftriebs sind eine Reihe von Unternehmen für die nächste Zeit über Hedging (siehe Lexikon, Seite 18) noch gewappnet – allen voran die besonders exportorientierten Autohersteller. „Wir betreiben eine konservative Hedging-Politik“, sagte eine Sprecherin von Daimler-Chrysler. „Damit ist das Währungsrisiko bereits abgesichert.“ Außerdem produziert der Autohersteller auch in den Vereinigten Staaten, weswegen Schwankungen dieser Art gut ausgeglichen werden könnten.

Der Volkswagen-Konzern (VW) sichert sich auf ähnliche Weise ab. „Durch unsere Produktion in Mexiko, das zum Einzugsgebiet des Dollars gehört, sind wir relativ gut abgesichert“, sagte Thomas Mickeleit, der Chefsprecher von VW. „Aber für ein exportorientiertes Unternehmen wie uns bringt natürlich jede Veränderung der Währung Verluste.“ Da jedoch zwei Drittel des Exports bis Ende 2004 durch Hedging abgesichert werden, sieht sich VW in einer guten Position – selbst bei einem weiteren Anstieg des Euro.

„Der Maschinenbau ist im Vergleich zu anderen Industriezweigen nur unterdurchschnittlich vom hohen Euro-Kurs betroffen“, sagte Olaf Wortmann, Konjunkturexperte vom Verband der Investitionsgüterindustrie (VDMA). Andere Faktoren wie die allgemein schlechten Wachstumsaussichten seien mindestens ebenso an der augenblicklichen Situation beteiligt. „Aber natürlich drückt der aktuelle Kurs auf die Renditen einzelner Unternehmen und lässt die Gewinnmarge schrumpfen“, sagte Wortmann. Es gingen eben einfach nicht genug Aufträge ein. Die Nachfrage spiele im Maschinensektor eine große Rolle und gerade für Sonderanfertigungen gelte, dass die Bestellungen relativ kursunabhängig seien. „Eine Schmerzgrenze für die Höhe des Euro ist deshalb schlecht auszumachen“, sagt der Konjunkturexperte.

„Übertriebene Aufregung“

Die Volkswirte der Banken sehen derweil den Euroanstieg gelassen. „Die Aufregung ist übertrieben“, sagte Ulrich Ramm, Chefvolkswirt der Commerzbank in Frankfurt (Main), dem Tagesspiegel. „Als es die D-Mark noch gab, haben wir ähnliche Wechselkurs-Niveaus gesehen, ohne dass die Wirtschaft Schaden genommen hat.“ Zudem federe die Größe des Euro-Raumes Währungsschwankungen ab. Und auf der anderen Seite steige auch die Kaufkraft der Deutschen. „Öl zum Beispiel wird durch den schwachen Dollar sehr viel preiswerter“, sagte Ramm. Auch Karsten Junius, Währungsexperte bei der Deka-Bank in Frankfurt (Main), sieht vorerst keinen großen Schaden durch die Euroaufwertung. „Sobald die Weltwirtschaft anzieht, sind Produkte aus Deutschland gefragt, in erster Linie Investitionsgüter. Die sind nun einmal in aller Welt nötig, sobald die Nachfrage wieder steigt“, sagte er. Getroffen vom starken Euro seien eher Länder wie Italien, deren Exportprodukte viel preissensibler seien.

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