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Wirtschaft: Teuer angelegt

Rettungsplan für Solarworld: Die ersten Gläubiger verzichten auf mehr als die Hälfte ihres Geldes.

Berlin - Die Steyler Missionare legen ihr Geld nicht allein nach schnöden Renditezielen an, sondern wollen auch Gutes tun. Zum Beispiel sauberen Strom fördern. „Wir haben uns mit 700 000 Euro bei einer Anleihe engagiert“, sagte Pater Konrad Liebscher am Montag in Bonn nach einer Gläubigerversammlung bei Solarworld. Das ist bitter. Denn von den 700 000 Euro, die die Stiftung der Missionare für Anleihen des Sonnenkonzerns ausgegeben hat, bekommt sie weniger als die Hälfte zurück. Um das Unternehmen zu retten, verzichteten die Geldgeber auf 55 Prozent ihrer Forderung; im Gegenzug gibt es dann ein paar Aktien. Beim aktuellen Kurs von 0,65 Euro ist das aber nur ein schwacher Trost.

Allein an der Börse lässt sich ablesen, wie dramatisch sich die Solarwelt verändert hat: Vor fünf Jahren kostete ein Anteilsschein des Unternehmens noch rund 35 Euro. Womöglich geht es aber jetzt wieder aufwärts, am Montag schoss der Kurs um 27 Prozent nach oben, nachdem Pater Konrad und die anderen Gläubiger dem Forderungsverzicht zugestimmt hatten – besser einen Teil der Forderungen abschreiben, als alles verlieren.

„Mit 99,96 Prozent Zustimmung haben die Gläubiger gezeigt, dass sie an Solarworld glauben“, kommentierte Firmengründer und Vorstandschef Frank Asbeck das Abstimmungsergebnis. Am Dienstag muss noch eine weitere Gläubigergruppe auf Geld verzichten und am Mittwoch die Aktionäre dem Sanierungsplan zustimmen, der sie auch Geld kostet. Die bisherigen Aktien sollen um 95 Prozent abgewertet werden. Großaktionär Asbeck will für zehn Millionen Euro Aktien nachkaufen und kommt dann noch auf 19,5 Prozent. Frisches Geld kommt von einem Großinvestor aus Katar, der sich mit 35 Millionen Euro 29 Prozent kauft und außerdem ein Darlehen über 50 Millionen Euro gibt.

Die Gläubiger, die am Montag dem Sanierungsplan zustimmten, haben Solarworld insgesamt 150 Millionen Euro geliehen. Am heutigen Dienstag geht es sogar um 400 Millionen Euro. Der Verzicht auf einen Großteil der Kredite entlastet das Unternehmen mit zuletzt 900 Millionen Euro Schulden erheblich. Ob es zum Überleben reicht, vermag indes niemand zu sagen. Allein 2012 machte Solarworld mit rund 2600 Mitarbeitern knapp 480 Millionen Euro Verlust.

Die Solarbranche steckt seit Jahren in der Krise, weil wegen weltweiter Überkapazitäten die Preise drastisch gefallen sind. Q-Cells, Solon, Odersun oder Conergy sind nur einige Firmen, die sich nicht halten konnten. Und selbst die Großen zogen sich inzwischen aus dem Geschäft zurück: Siemens bereits vor einem Jahr und Bosch vor wenigen Monaten. Die Einigung im Solarstreit zwischen EU und China, die den Chinesen künftig einen Mindestpreis für ihre Solarmodule vorschreibt, dürfte den europäischen Firmen kaum helfen, da der Preis immer noch unter den Produktionskosten liegt, wie Solarworld-Sprecher Milan Nitzschke klagt.

Solarworld versteht sich als integrierter Konzern, der vom Rohstoff über die Zelle, das Modul und schließlich bis zur fertigen Anlage die gesamte Wertschöpfung abdeckt. Im sächsischen Freiberg sind „alle Produktionsschritte vom Silizium bis zum Modul etabliert“, dort ist auch das eigene Forschungsunternehmen Solarworld Innovations ansässig.

Alles in allem zählt sich das Unternehmen zu den weltweit größten Solarkonzernen. Verkauft werden „Systemlösungen in alle Kontinente für nahezu jede Art von Dach“. Der Agraringenieur Frank Asbeck hatte das Unternehmen 1998 gegründet und schon ein Jahr später zu einem Ausgabekurs von 13,75 Euro an die Börse gebracht. Asbeck (53) will Vorstandschef bleiben. mit dpa

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