zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Teure Füllung

Amerikanische Autofahrer kaufen immer weniger Geländewagen – der Benzinverbrauch steigt trotzdem

Von Jeffrey Ball und Joseph B. White Die steigenden Benzinpreise in den USA machen die Autobauer immer nervöser. Sie fragen sich: Werden sich die US Autofahrer bald von den großen Gewinnbringern der Branche abwenden – den Sport-Geländewagen?

Die Automobilhersteller haben viel zu verlieren. Seit mehr als einem Jahrzehnt sind benzindurstige Sport-Geländewagen (SUV) und schwere Geländemobile mit Ladefläche ihre größten Profitquellen. General Motors spürt bereits den Gegenwind: In der vergangenen Woche senkte der Konzern die Gewinnprognose, seine Anleihen verfallen zusehends, und alles deutet auf eine riesige Entlassungswelle hin. Grund sind nicht zuletzt gefallene Absatzzahlen bei schweren SUV wie dem Chevy Suburban.

Die USA benötigen 25 Prozent des weltweit verbrauchten Erdöls. Rund die Hälfte davon fließt in die Tanks von Autos und Trucks. Zeitgleich mit den Höchstständen im Rohölhandel der letzten Woche, als die 57 Dollar pro Barrel überschritten wurden, gab es auch an den Tanksäulen Rekordpreise. Der landesweite Durchschnittspreis für bleifreies Normalbenzin schoss auf 2,06 Dollar pro Gallon – das entspricht 41 Euro-Cent pro Liter. Im Vergleich zum Vorjahr ist dies ein 20-prozentiger Anstieg, sagt der Verband amerikanischer Automobilclubs.

Bislang nimmt dennoch kaum ein Amerikaner den Fuß vom Gas. Der durchschnittliche Benzinverbrauch der verkauften Fahrzeuge hat sich seit Ende der 80er Jahre sogar vergrößert. Schuld war vor allem die Beliebtheit der Geländewagen und Pick- ups. Selbst 2004, als die Benzinpreise bereits anstiegen, sank die Wirtschaftlichkeit der US-Autos erneut: Der Liter Benzin reichte nur noch für 10,4 Kilometer im Vergleich zu 10,5 Kilometern im Vorjahr.

Doch die Amerikaner lieben nicht nur ihre unwirtschaftlichen Autos, sie fahren auch immer längere Strecken. Im Jahr 2003 legte jedes US-Fahrzeug im Schnitt 19536 Kilometer zurück, fünf Prozent mehr als noch vor zehn Jahren. Das Ergebnis: Im Januar ist der Benzinverbrauch des Landes um 1,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Eine Trendwende ist nicht in Sicht. Amerikaner verbrauchen ihr Benzin bei der Arbeit und in der Freizeit. Kaum einer wird da seine Fahrgewohnheiten umstellen, nur weil die Tankfüllung teurer wird.

Zumindest im Kleinen deutet sich jedoch ein Umdenken an. Die Verkäufe großer Geländewagen fielen im letzten Quartal 2004 um 11,8 Prozent und gingen im Verlauf der letzten Benzinspreiserhöhungen im Februar um 19 Prozent zurück. Und langsam steigen auch die Absatzzahlen für die Fahrzeuge mit kombinierten Verbrennungs- und Elektromotoren. Der so genannte Hybridantrieb wurde von japanischen Autobauern auf dem US-Markt eingeführt und erst vor kurzem auch von US-Herstellern aufgegriffen. George Pipas, Verkaufsanalyst bei Ford, sagt, dass die Nachfrage nach großen Sport-Geländewagen schon seit 2000 rückläufig ist. Viele Konsumenten stiegen auf Fahrzeuge mit kleineren Motoren um. Der Absatz solcher Crossover-Mobile mache bereits 41 Prozent aller Verkäufe bei den Sport-Geländewagen aus, sagt Pipas.

Detroits Autobauer haben lange versucht, diesen Trend umzukehren, indem sie immer größere Rabatte auf traditionelle Geländewagen gewähren. Die Amerikasparte von Toyota setzt dagegen zunehmend auf die Hybridtechnik. Das darauf basierende Modell Prius hat jede Menge Aufmerksamkeit generiert und findet ebenso wie die Hybrid-Modelle von Honda und Ford inzwischen lebhaften Absatz. Doch bei aller Aufregung um die Hybridmodelle – bislang liegt ihr Marktanteil bei Neuzulassungen bei unter einem Prozent.

General Motors, der nach Verkaufszahlen weltgrößte Autobauer, will sich nicht beirren lassen. In den letzten fünf Jahren setzte sich der Konzern bei den Verkäufen von großen SUV an die Spitze vor Ford. Der Absatzrückgang der letzten Zeit liegt laut GM-Management nicht an den höheren Benzinpreisen. Schuld sei vielmehr, dass die Modelle des Chevy Suburban und Tahoe inzwischen in die Jahre gekommen seien. Der Markt für schwere Geländewagen „schrumpft nicht, sondern ist stabil“, sagte Unternehmenschef Rick Wagoner vor kurzem. Bald schon sollen neue Modelle der schweren Geländefahrzeuge auf den Markt kommen. Erst im Jahr 2007 will GM einen SUV mit kombiniertem Gas-Elektro-Antrieb anbieten. Der neue Hybridmotor wird derzeit zusammen mit Daimler-Chrysler entwickelt.

Übersetzt und gekürzt von Karen Wientgen (Airbus), Tina Specht (US-Automarkt), Matthias Petermann (China), Christian Frobenius (Schröder).

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false