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Wirtschaft: Teutonen auf der Autobahn

Citroën spielt in einem Werbespot mit den Deutschland-Klischees der Briten

Von Markus Hesselmann

Der blonde Teutone ficht noch rasch einen Strauß aus, frühstückt Bratwurst pur und lauscht bayerischer Blasmusik. Dann schwingt er sich in sein großes Auto und biegt auf die Autobahn ein. Vorbei an Reichsadlern und frakturgeschriebenen Straßenschildern geht die Fahrt nach Berlin, zum Brandenburger Tor, zum Olympiastadion. Und alles zu Wagners Soundtrack. „Unverwechselbar deutsch“, heißt es am Ende. „Made in France.“ Die Werbekampagne des französischen Autoherstellers Citroën erregt Aufsehen in Großbritannien, weil sie Reichssymbolik und die Ästhetik der Filme Leni Riefenstahls verwendet und damit auf Nazimythen anspielt. Jetzt beschäftigt der TV- und Kinospot sogar das Parlament. 24 Abgeordnete unterstützen parteiübergreifend eine Eingabe im Unterhaus. Sie kritisieren den Spot wegen Verbreitung von Stereotypen und fordern Citroën auf, die Kampagne abzusetzen.

Es gehe nicht um ein Verbot oder irgendwelche juristischen Konsequenzen, sagt Angus Robertson, Abgeordneter der Scottish National Party und Initiator der Eingabe. „Und mir ist klar, dass dadurch die Aufmerksamkeit für den Spot noch erhöht wird.“ Aber es sei notwendig, mehr Respekt für das moderne Deutschland zu fordern. Gerade in Großbritannien, wo die alten Klischees noch weit verbreitet seien. „Ich will nicht als humorlos dastehen“, sagt Robertson. Aber dieser Spot häufe so viele Stereotypen an, dass man etwas dagegen sagen müsse.

„Gerade in der Masse der Klischees liegt doch der Humor“, sagt Will Pollen von der französischen Werbeagentur Euro RSCG, deren Londoner Filiale den Spot ausschließlich für den britischen Markt entwickelt hat. Der Spot spiele bewusst mit britischen Klischees über Deutschland. Und er sei doch ein Kompliment für die deutsche Autoindustrie. „Sie ist in Großbritannien so dominant, dass den anderen nichts übrig bleibt, als sich daran zu orientieren.“ Citroën gebe dies ehrlich zu und wolle mit dem C5 ein Auto von deutscher Qualität liefern, das aber zusätzlich mit französischem Flair glänze. „Wir fordern die Leute mit britischem Humor heraus“, sagt Marc Raven von Citroën UK. „Wir sagen: Denkt noch einmal über eure Überzeugungen nach.“ An eine Absetzung des Spots denkt natürlich niemand bei Citroën.

Die Kampagne sei durchaus Teil eines Trends, sagt Clark Turner, Gründer von „UTalkMarketing.com“, einer Internetplattform für die britische Werbe-, PR- und Marketingbranche. „Die Autokampagnen gehen über das Technische hinaus, hin zu epischen Erzählungen und Emotionen.“ Emotionen hat der Spot auf jeden Fall ausgelöst – und Aufregung in der britischen Öffentlichkeit.

Angus Robertson erhofft sich durch seine Aktion keine Publicity in eigener Sache. „Ich erhalte dafür in meinem schottischen Wahlkreis sicher keine Stimme mehr“, sagt der Politiker. Er ist allerdings persönlich betroffen. Seine Mutter ist Deutsche, sie wanderte 1946 nach Großbritannien aus. Robertson hat aber auch kein Problem, sich mit Deutschen anzulegen. In der Vergangenheit protestierte er gegen deutsche Werbekampagnen, in denen Schotten als geizig oder sonst wie klischeehaft dargestellt wurden.

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