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Textilindustrie: China setzt auf Qualität

Chinas Textilimperium hat sein Billigimage in Angriff genommen. Mit einem 135 Millionen Euro Fond soll "Made in China" zum Qualitätssiegel werden.

Nantong - Mit einer Modernisierungsoffensive versucht China, seine beherrschende Stellung auf dem Weltmarkt zu behaupten. Unternehmen importieren Maschinen und High-Tech, der Staat unterstützt Eigenentwicklungen und fördert einheimische Marken. So soll "Made in China" qualitativ aufgewertet werden.

In einem "Programm zur Entwicklung der Textilindustrie" hat Peking einen 135 Millionen Euro schweren Fonds gegründet, der die technische Entwicklung voranbringen soll. "Innovation ist der Schlüssel", sagt Du Yuzhou, Vorsitzender des nationalen Verbands der Textilindustrie. Auch die deutsche Bundesagentur für Außenwirtschaft bestätigt den Trend im Reich der Mitte: "Die Regierung drängt zunehmend auf schnellere Modernisierung und höhere Wertschöpfung".

"Viele Maschinen kommen aus Deutschland"

In der ostchinesischen Stadt Nantong zeigt die Initiative Wirkung. In der Lianfa-Textilfabrik klappern eintausend mechanische Webstühle im Rhythmus. Arbeiter müssen Ohrenschützer tragen. Die Luft ist heiß von maschinellen Ausdünstungen. Stoffbahnen gleiten durch meterhohe Wasch- und Bügelmaschinen. Die Hemden-Firma fertigt ihren Rohstoff selbst: "Jeden Monat mehr als fünf Millionen Meter", sagt Verkaufsmanager Lu Aijun stolz.

Moderne Betriebe wie Lianfa liefern je nach Bestellung verschiedene Qualitätsstandards. "Wir stellen für bekannte Marken wie Polo oder DKNY her", erzählt Lu Aijun. Arbeiter prüfen den Stoff dreimalig nach Mängeln. Im Labor untersuchen sie auf Reißfestigkeit und Farbechtheit. An der Wand hängen Urkunden und Zertifikate. Die Messgeräte sind nagelneu. "Viele Maschinen kommen aus Deutschland", erzählt Lu. China ist heute Hauptabnehmer deutscher Textilmaschinen.

Die neuen Konkurrenten: Kambodscha und Indien

Mit billiger Massenproduktion in Handarbeit hatte das Reich der Mitte einst den Aufstieg zur Schneiderei der Welt geschafft. Seit Jahren überschwemmt China die Welt mit Textilien zum Spottpreis. Nirgends werden mehr T-Shirts, Jeans und Schuhe produziert. Ein Viertel des Weltexports kam 2005 aus China. 2006 lag der Produktionswert bei 250 Milliarden Euro, wie die zuständige Handelskammer ausrechnete.

Im vergangenen Jahr sei der Export noch einmal um 25 Prozent gestiegen, berichtete das China Internet Information Center. Aber der Textil-Riese wankt. Steigende Löhne, hohe Rohstoffpreise sowie Handelshemmnisse und Importquoten in den USA und Europa lassen die Gewinne purzeln. Länder wie Kambodscha oder Indien entwickeln sich zu Konkurrenten. Im Textilzentrum des südchinesischen Perlflussdeltas mangelt es heute bereits an Werktätigen.

Chinesische Näherinnen bekommen mehr als den Mindestlohn

Chinas Vorteil war aber stets die Flut billiger Arbeitskräfte. Auch in Nantong wird weiter viel in Handarbeit produziert. Auf zwei Stockwerken surren die Nähmaschinen. Mehrere hundert junge Frauen schneidern blaue Hemdsärmel zusammen, Auftragsarbeit für ein amerikanisches Unternehmen. Aus Lautsprechern säuseln Schnulzen. Stoffberge stapeln sich auf Tischen und Boden.

Das Einkommen der Näherinnen liege deutlich über dem Mindestlohn, sagt die Vorarbeiterin. Ein 17jähriges Mädchen aus Yacheng lobt auch den Arbeitsplatz. "Ich arbeite acht Stunden am Tag, Überstunden gibt es nicht", sagt sie - vielleicht nur, um der Vorarbeiterin zu gefallen. Aber Lianfa sei für die Verhältnisse ein Vorzeigebetrieb, bestätigt die Mitarbeiterin einer deutschen Textilfirma. In vielen Fabriken Chinas herrschten immer Zustände wie im Sweatshop. (Von Till Fähnders, dpa)

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