zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Textilstandort Cottbus vor dem Ende Steilmann-Nachfolger Archimedes gibt auf

Berlin – Der traditionsreiche Textilstandort Cottbus blutet aus. Die erst im vergangenen Oktober als Nachfolger der Textilgruppe Steilmann gegründete Archimedes Fashion GmbH hat die Produktion vorerst eingestellt, wie das Unternehmen am Donnerstag bekannt gab.

Berlin – Der traditionsreiche Textilstandort Cottbus blutet aus. Die erst im vergangenen Oktober als Nachfolger der Textilgruppe Steilmann gegründete Archimedes Fashion GmbH hat die Produktion vorerst eingestellt, wie das Unternehmen am Donnerstag bekannt gab. „Den elf Näherinnen wurde gekündigt“, sagte die aus Kleve stammende Unternehmerin Brunhild Beick dem Tagesspiegel. Damit verbleibt am Standort des ehemaligen DDR-Textilkombinates nur noch ein einziger Kleidungshersteller.

Bereits im April 2003 hatte die Wattenscheider Steilmann-Gruppe ihre Produktion in Cottbus eingestellt und nach Asien verlagert. Damit wurde die letzte von ursprünglich 47 Fabriken in Deutschland geschlossen. 161 Arbeitsplätze gingen verloren.

Die Archimedes Fashion GmbH begründet das Ende mit dem auslaufenden Mietvertrag der rund 3000 Quadratmeter großen Fertigungshalle, die noch aus der Zeit des Textilkombinates stammt. „Die Halle ist zu groß und ein Kauf kommt nicht in Frage“, sagt die 55-jährige Unternehmenschefin Beick. Damit ist die Hoffnung, in den kommenden Jahren wieder die Steilmann-Beschäftigungszahlen und den Jahresumsatz von einer Million zu erreichen, gescheitert. „Wir haben alles getan, um die Produktion an unserem Standort zu halten“, sagt Hartmut Zwania, Geschäftsführer der Entwicklungsgesellschaft Cottbus mbH (EGC).

Die Archimedes Fashion GmbH vertreibt Schlafanzüge exklusiv über das Internet und über TV-Shops. Um weitermachen zu können, sucht Beick nun einen neuen Standort. In Frage kämen Guben (Spree-Neiße) oder die Nähe Berlins, sagt die Rheinländerin. Dort sollen neben der Herren-Kollektion dann auch Damen-Pyjamas produziert werden.

Die Cottbusser Wirtschaftsförderung bemüht sich seit Jahren vergeblich, neue Branchen in Cottbus anzusiedeln, wo die Arbeitslosenquote bei 20,7 Prozent liegt. Die wirtschaftliche Zukunft der Stadt soll in der Dienstleistung, Energie, Ernährung und Kommunikation liegen. „Es ist abzusehen, dass wir im Textil-Bereich langfristig nicht mit Osteuropa und Asien konkurrieren können“, sagt Hans-Diether Harnath, Leiter der Cottbuser Wirtschaftsförderung.

Der jüngste Ansiedlungserfolg sei die Verwaltung der schwedischen Vattenfall-Gruppe mit rund 600 Arbeitsplätzen. Auch Call-Center sind ein wichtiges Standbein, drei Anbieter sichern rund 1000 Arbeitsplätze. Mit 20 400 Kunden war Cottbus im Jahr 2003 größter Standort der Sparda-Bank. Der schwedisch-schweizerische Elektronik-Konzern ABB hingegen hat die Zahl seiner Mitarbeiter auf 225 abgebaut. 1990 beschäftigte die Branche hier noch rund 3000 Menschen

Als einziges Textilunternehmen bleibt in Cottbus jetzt nur noch die Produktionsstätte der Michael Bob Gruppe mit rund 350 Angestellten. Aber auch diese Firma hat bereits Teile der Produktion nach Portugal und Polen verlagert.

Philip Volkmann-Schluck

Zur Startseite