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Wirtschaft: Theorie und Praxis

Dringend gesucht: Professoren an Fachhochschulen. Die Nachfrage ist groß, die Bedingungen sind aber nicht für jeden attraktiv.

Wer an einer deutschen Universität Professor werden will, muss sich lange hocharbeiten. Und die Stellen sind rar. Was viele nicht wissen: Fachhochschulen (FHs) ringen dagegen in vielen Fächern um geeignete Bewerber. Normalerweise soll an deutschen Hochschulen bei einer Neubesetzung unter mindestens drei ernsthaften Kandidaten ausgewählt werden – an FHs brüten die Mitglieder der Fakultäten oft über Listen mit weniger Namen. Eine Chance für den wissenschaftlichen Nachwuchs, gezielt nach Stellen bei Fachhochschulen Ausschau zu halten? Für manche kann der Job attraktiv sein. Zudem winkt ein sicherer Arbeitsplatz.

Die Praxis-Hochschulen brauchen besonderes Personal. Eine wissenschaftliche Karriere an der Uni reicht nicht, sagt Hubert Mücke, Geschäftsführer des Hochschullehrerbundes. Der Verband vertritt die Interessen von Fachhochschullehrern. Vielmehr muss ein Bewerber mindestens fünf Jahre Berufserfahrung in seinem Fach mitbringen, drei davon außerhalb der Hochschule.

Als Beleg für die wissenschaftliche Eignung wird in den meisten Fällen auch ein Doktortitel und Lehrerfahrung verlangt. Doch die Nähe zur Praxis ist weiter Voraussetzung: Anwendungsnah sollen die Dozenten den Stoff vermitteln. Zudem müssen sie im Regelfall doppelt so viele Stunden unterrichten wie ihre Kollegen an den Universitäten. Dafür müssen sie nicht so viel forschen.

„Seit Jahren haben die Fachhochschulen vehemente Probleme, freie Professorenstellen zu besetzen“, erläutert Mücke. „Viele Berufungsverfahren müssen mehrfach ausgeschrieben werden, weil es an qualifizierten Bewerbern fehlt.“ Findet eine Hochschule in einem Berufungsverfahren keinen geeigneten Kandidaten, wird das Prozedere wiederholt.

Mücke gibt der Bezahlung der Professoren an den Praxis-Hochschulen Mitschuld an den Problemen. Bei den Fachhochschulen steht am Anfang meist die Einstufung in die Besoldungsgruppe W2 – je nach Bundesland sind das bis zu rund 5100 Euro im Monat. Das ist häufig weniger als an der Universität. Einsteiger starten dort laut Mücke oft schon mit W3. Außerdem fänden exzellente Bewerber aus technischen Fächern in der freien Wirtschaft meist deutlich besser bezahlte Jobs.

Die Stellen jedenfalls sind vorhanden: Nach Mückes Angaben gibt es an den bundesweit 214 FHs derzeit rund 16 000 Professorenstellen. Jährlich müssen davon rund fünf Prozent neu besetzt werden, in den vergangenen beiden Jahren waren es sogar etwas mehr. Die Dozenten werden gebraucht, denn nach Daten des Statistischen Bundesamtes hat sich die Zahl der Studenten an den deutschen FHs in den vergangenen 20 Jahren mehr als verdoppelt. Auch die Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin kennt das Nachwuchsproblem. „Auch bei uns mussten Berufungsverfahren bereits mehrfach wiederholt werden“, sagt Sprecherin Gisela Hüttinger – in der Elektrotechnik sogar ganze vier Mal.

„Unser Anforderungsprofil an Dozenten ist sehr viel spezieller als bei Universitäten“, erklärt Hüttinger. Der Lehrplan sei eng und detailliert – ein Kandidat solle dort schon genau hineinpassen. Gegenüber der freien Wirtschaft hätten Kandidaten aber den Vorteil, neben der Lehre selbstbestimmt und frei eigene Themen zu setzen und zu bearbeiten. Außerdem könne die FH mehr Nähe zur Praxis bieten als die Uni.

Cornelia von Soosten von der Fachhochschule Dortmund sieht hier ebenfalls den Hauptgrund für eine Karriere an einer FH. FH-Professoren hätten mehr Freiheiten als in der Wirtschaft und können sich auch beit den Themen eher selbst verwirklichen. Sie hebt hervor, dass Nebentätigkeiten nicht nur geduldet, sondern sogar erwünscht sind. „Mit solchen Nebentätigkeiten halten die Dozenten engen Kontakt zur beruflichen Praxis und ihr Wissen auf dem aktuellen Stand.“ Vielfalt ist also auch an den FHs gegeben. dpa

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