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Wirtschaft: Tiefe Risse in der Porzellanbranche

Rosenthal, Hutschenreuther und Co.kämpfen um ihre Existenz / Für 1998 Talsohle erhofftVON THOMAS MAGENHEIM MÜNCHEN.

Rosenthal, Hutschenreuther und Co.kämpfen um ihre Existenz / Für 1998 Talsohle erhofftVON THOMAS MAGENHEIM MÜNCHEN.Die Risse in der deutschen Porzellanindustrie sind nach sechs Jahren Dauerkrise nur schwer zu kitten.Ob kleine Manufakturen oder die Großen der Branche, die Talfahrt scheint ungebremst.Da galt es schon als gute Nachricht, als vor Monatsfrist der Vorsitzende des Verbands der Keramischen Industrie, Wendelin von Boch, 1997 einen Rückgang der Brachenumsätze um nur knapp ein Prozent bekanntgab.Im Jahr zuvor brachen die Erlöse noch um sieben Prozent ein.Möglicherweise werde dieses Jahr die Talsohle erreicht, hoffen die Porzellanmanager auf die Trendwende.Für viele käme sie zu spät.Binnen sechs Jahren hat die Branche fast zwei Drittel ihrer Belegschaft verloren und beschäftigt heute noch etwas über 12 000 Menschen.Die branchenweiten Umsätze schrumpften im selben Zeitraum um rund ein Drittel auf 1,3 Mrd.DM. Vom einstigen Glanz deutscher Porzellanhersteller ist nicht viel übriggeblieben.In den Wirren des Niedergangs traf es den einstigen Stolz der Branche, die Rosenthal AG im bayerischen Selb, besonders hart.Sie mußte mit dem Verlust ihrer Unabhängigkeit bezahlen.Die britische Porzellangruppe Waterford Wedgwood hat Rosenthal jüngst übernommen und will nun die Branchenkrise meistern.Die Chancen dafür stehen nicht schlecht.Die drei Marken Waterford, Wedgwood und Rosenthal mit einem Umsatz von 1,4 Mrd.DM bilden den weltgrößten Porzellankonzern.Sanierungserfahrungen haben die Manager von Waterford Wedgwood zudem erfolgreich im eigenen Konzern gesammelt.Unter ihrer Regie müssen die Bayern nun neue Lektionen lernen: den Geschäftsaufbau in sträftlich vernachlässigten Märkten von Japan bis in die USA und gezieltes Werben um jüngere Kundschaft.Nicht alle Rosenthaler erreichen jedoch das rettende Ufer.Bis zum Überschreiten der Gewinnschwelle 1999 sollen nochmals 600 Stellen abgebaut werden.Damit hätte die die Traditionsfirma seine Belegschaft seit dem 100jährigen Firmenjubiläum 1979 von rund 8000 auf 1600 Mitarbeiter verringert. Nebenan, beim Selber Konkurrenten Hutschenreuther AG sah es lange nach einem unvermeidlichen Konkurs aus.Der Vorstand übte sich Jahr für Jahr in Beschwichtigungen.Indessen schloß Werk auf Werk, und das Unternehmen fand keinen Käufer für ihre marode Sparte Haushaltsporzellan.Es bedurfte der intensiven Vermittlung von Bayerns Wirtschaftsminister Otto Wiesheu, als vor gut einem halben Jahr die Winterling AG, Kirchenlamitz, die defizitäre Sparte übernahm und Hutschenreuther zumindest vorerst vor dem Ende bewahrte.Ob Hutschenreuther nach Kapitalschnitt und der Abgabe des Verlustbereichs die Wende schafft, muß die Zukunft zeigen.Das gilt auch für die Frage, ob Winterling mit seinem Kauf glücklich wird. Die Gründe für den Niedergang der Branche liegen nicht nur in einer anhaltenden Marktschwäche.Das Management muß sich den Vorwurf von massiven Fehlinvestitionen in den Aufbau von Überkapazitäten gefallen lassen.Zudem wurde die Gefahr durch Billiganbieter nach dem Fall der Mauer lange nicht ernst genommen.Unter den drei Marktführern Rosenthal, Hutschenreuther und Villeroy & Boch (V&B) AG scheinen nur letztere die Krise zu meistern, ohne ihre Eigenständigkeit oder das Kerngeschäft einzubüßen.Das Personal zählt aber auch dort zu den Verlieren.V&B-Chef von Boch sagt der Branche weiteren Abbau von Kapazitäten und Personal voraus.Durch den Euro erwartet er zudem noch schärferen Wettbewerb.Die Konzentration der Branche gehe wohl weiter.Dennoch glaubt er mittlerweile an ihr Fortbestehen."Das habe ich vor fünf Jahren nicht getan," betont von Boch.

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