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Wirtschaft: Time-Sharing: Die Abzocker warten am Strand

Jedes Jahr zur Ferienzeit sind die Häscher dubioser Time-Sharing-Anbieter an den Mittelmeerstränden unterwegs. Sie verteilen Glückslose an Neuankömmlinge, vor allem an Paare.

Jedes Jahr zur Ferienzeit sind die Häscher dubioser Time-Sharing-Anbieter an den Mittelmeerstränden unterwegs. Sie verteilen Glückslose an Neuankömmlinge, vor allem an Paare. Praktisch jeder Urlauber zieht den Hauptgewinn - meist einen einwöchigen Reisegutschein für zwei Personen, den die Gewinner persönlich abholen müssen.Genau hier liegt das Problem. Bevor die Glückspilze mit ihrem Gutschein von dannen ziehen können, müssen sie die Präsentation einer vermeintlich "tollen Urlaubsidee" über sich ergehen lassen. Bei einem Glas Sekt und bunten Videos mit blauem Meer und weißen Stränden werden sie stundenlang von psychologisch geschulten Verkäufern bedrängt, ein Wohnrecht für eine oder zwei Wochen im Jahr (Time-Sharing) in einer Ferienanlage zu kaufen.Ehe sich die "glücklichen Gewinner" versehen, haben sie in Urlaubslaune einen häufig völlig überteuerten Time-Sharing-Vertrag unterschrieben und damit ein 10 000 bis 50 000 DM teures Nutzungsrecht für ein Feriendomizil erworben, das sie meist nicht einmal besichtigt haben. Über die Risiken des Geschäfts wissen die so Überrumpelten in der Regel nichts.Beim Time-Sharing werden Ferienwohnungen nicht an einen Eigentümer übertragen, sondern häppchenweise - in 52 Wochenportionen pro Jahr aufgeteilt - verkauft. Unseriöse Anbieter preisen dabei häufig wenig begehrte Wohnrechte in maroden, überschuldeten oder sogar in Konkurs befindlichen Ferienanlagen an. Aber nicht immer sind die Angebote schlecht, es gibt durchaus attraktive Angebote.Der Verkauf solcher Wohnrechte ist allerdings vor allem für die Anbieter profitabel, weniger für den Käufer. Letzterer zahlt nämlich im voraus die "Miete" für das Wohnrecht, das meist zwischen zehn und 30 Jahren gültig ist. Eine ziemlich teure Angelegenheit, zumal die jährlichen Nebenkosten für Wasser, Strom, Renovierung und Instandhaltung leicht bis zu 1000 DM pro Jahr ausmachen können. Hinzu kommen die jährlichen Kosten für Anreise und Verpflegung sowie für Resort Condominium International (RCI), einen Tauschpool für diejenigen, die nicht Jahr für Jahr an denselben Urlaubsort reisen wollen. Die Mitgliedschaft kostet etwa 200 DM jährlich, für den Tausch einer Ferienwoche mit anderen Wohnrechtsinhabern werden - je nach Lage des Tauschobjekts - nochmals zwischen 220 und 275 DM pro Woche fällig. Wenn sich dazu das Appartement noch als baufällig erweist, wundert es nicht, daß den Käufern schon bald Bedenken kommen.Anders als es die Verkäufer unseriöser Anbieter ihren Opfern aber weismachen wollen, gibt es Möglichkeiten, aus diesen Verträgen wieder herauszukommen (siehe Kasten). Seitdem die meisten Mitgliedstaaten die 1994 erlassene Time-Sharing Richtlinie der Europäischen Union (EU) inzwischen in innerstaatliches Recht umgesetzt haben, können Käufer dort ihren Vertrag ohne Angabe von Gründen widerrufen. Am wichtigsten für Touristen ist wohl, daß Anbieter die fällige Anzahlung nicht mehr sofort verlangen dürfen. Dieses Geld sahen Reumütige in der Vergangenheit oft nicht wieder. Besonders schwierig war es auch, Geld aus dem Ausland zurückzuholen.Doch auch die neuen Gesetze zum Schutz der Bürger vor Abzockern haben die Marktsituation kaum verbessert. Dubiose Anbieter scherten sich kaum um das in Deutschland am 1. Januar 1997 eingeführte Teilzeit-Wohnrechte-Gesetz, sagen Verbraucherschützer. Da werde etwa ahnungslosen Opfern suggeriert, man könne ihnen noch den um 2000 DM günstigeren Preis des Vormonats für ein Objekt anbieten. Dafür müsse man allerdings den Vertrag vordatieren. Einziges Ziel eines solchen "Sonderangebots" ist es, den Kunden den Rücktritt vom Vertrag zu verwehren. Denn mit der Vordatierung ist regelmäßig auch das zehntägige Widerrufsrecht abgelaufen.Auch in den anderen EU-Mitgliedstaaten haben die neuen Gesetze kaum einen unseriösen Verkäufer vom Markt gedrängt. Vor allem in Spanien mit 430 Anlagen und über 19 000 Wohneinheiten, die eine halbe Millionen Nutzungsberechtigte zählen, boomt das Geschäft nach wie vor. Zwar wurde auch hier im Januar dieses Jahres endlich ein entsprechendes Schutzgesetz eingeführt. Geändert hat sich jedoch kaum etwas. Nach wie vor würden deutschen Urlauber direkt vom Strand weg in Verkaufsbüros Verträge ohne Widerrufsrecht vorgelegt und Anzahlungen kassiert, weiß Hajo Gekeler, Präsident der Schutzvereinigung für Time-Sharing und Ferienwohnrechts-Inhaber in Europa (siehe Interview). Besonders perfide ist ein Paketangebot, bei dem Touristen eine "Mitgliedschaft" für vier Wochen Ferien pro Jahr zwischen 6000 und 18 000 DM angeboten wird. Weil das Paket nur 35 Monate läuft, und damit einen Monat unter der für Time-Sharing festgelegten Mindestlaufzeit von 36 Monate bleibt, fällt es nicht unter das spanische "Gesetz über das turnusmäßige Nutzungsrecht an Immobilien".

Informationen über die schwarzen Schafe der Branche liefert die Stiftung Warentest. Dort ist unter der Faxabrufnummer 01905/10 010 86 10 (1,21 DM/Minute) eine in Zusammenarbeit mit der Schutzvereinigung für Time-Sharing herausgegebene Warnliste erhältlich.

DOROTHEA DANIELS

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