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Müll und Baulärm statt idyllischer Ruhe. Viele Urlauber sind von ihrem Reiseziel enttäuscht.

© picture-alliance/ gms

Tipps für Verbraucher: Wenn der Urlaub ein Desaster war

Der Flug verschoben, das Hotel nicht fertig, das Kreuzfahrtschiff auf Abwegen: War der Urlaub eine Enttäuschung, droht häufig Streit um Schadenersatz.

Der eine hat Kakerlaken im Zimmer oder muss den Krach einer Militärflugbasis neben dem Hotel aushalten, ein anderer kann sich auf seiner Kreuzfahrt nicht verständigen, weil das Personal kein Englisch spricht. Nach der Rückkehr geht der Ärger solcher Urlauber oft weiter – wenn es um Reklamationen geht.

Pauschalreisen bieten Vorteile

„Probleme, die das Hotel beziehungsweise die Unterkunft betreffen, gibt es besonders häufig“, sagt Paul Degott, Anwalt und Experte der Deutschen Gesellschaft für Reiserecht. Wer kein Pauschalreisender ist, hat in vielen Fällen schlechte Chancen, eine Preisminderung oder Schadenersatz durchzusetzen. „Stellen Sie sich vor, sie hatten im Ausland, egal ob auf Sizilien oder in Bhutan, ein Hotel, das völlig verdreckt oder von Ungeziefer befallen war. Dann müssen Sie ihre Ansprüche nach dortigem Recht geltend machen“, erklärt der Anwalt. Urlauber, die hingegen eine Pauschalreise gebucht hatten, also ein Dienstleistungspaket, das aus Transport und Unterkunft besteht, können ihren Reiseveranstalter in Anspruch nehmen.

Mängel rechtzeitig anzeigen

Wichtig ist, dass auch Pauschalreisende alle Mängel gleich monieren und sich schriftlich an den Reiseleiter oder – wenn es vor Ort keinen gibt – den Reiseveranstalter wenden. Dieser ist dann in der Pflicht, die Probleme zeitnah zu beseitigen oder eine Ersatzunterkunft anzubieten. Letzteres muss ein Kunde nur akzeptieren, wenn das neue Domizil mindestens den gleichen Standard hat wie das eigentlich gebuchte. Bleiben die Mängel bestehen, können die Urlauber eine Reisepreisminderung verlangen. Dies müssen sie innerhalb eines Monats nach dem vereinbarten Rückreisetermin tun, am besten per Einwurfeinschreiben. Wichtig ist, dass man die Mängel beweisen kann, etwa durch Fotos oder Aussagen anderer Urlauber.

Höhe der Rückzahlung

Die Crux ist, die Höhe der Forderung zu beziffern. Hier kann ein Blick in eine der Tabellen helfen, in denen gerichtlich entschiedene Pauschalreisefälle zusammengestellt sind. Zu den bekanntesten zählen die Kemptener und die Frankfurter Tabelle. Das Kemptener Tabellenwerk zum Beispiel listet zahlreiche Urlaubsdesaster auf, darunter einen „erheblichen Kakerlaken-Befall auf Lanzarote“. Das Amtsgericht Hamburg hielt eine Reisepreisminderung von 40 Prozent für angemessen.

Dagegen veranlassten „mindestens zehn Kakerlaken täglich im Hotelzimmer“ das Amtsgericht Kleve zu einer Minderung von nur zehn Prozent. Den gleichen Preisnachlass hielt das Oberlandesgericht Düsseldorf in einem Fall für angemessen, in dem eine Militärflugbasis 50 Meter neben dem Hotel für Ärger sorgte. Und auch ein Tourist, der auf einer Flusskreuzfahrt in China damit leben musste, dass das Personal kein Englisch sprach, bekam zehn Prozent Erstattung.

„Die Tabellen können dem Reisenden eine gute, erste Orientierung bieten“, erklärt Eva Klaar, Reiserechtsexpertin der Verbraucherzentrale Berlin. „Wie hoch der Anspruch wirklich ist, entscheiden aber immer die genauen Umstände des Einzelfalls.“ Es genügt zum Beispiel nicht, als Mangel „Baustellenlärm“ anzugeben. Der Urlauber muss die von der Baustelle ausgehende Belästigung genauer beschreiben. Welches Gerät kam zum Einsatz? Welche Lage hatte das Zimmer zur Baustelle? Wie viele Stunden pro Tag wurde gearbeitet?

Neue Richtlinie

Von einigen rechtlichen Vorteilen für Pauschalreisende sollen künftig auch Urlauber profitieren, die sich über Online-Portale Flüge und Unterkunft selbst zusammengestellt haben. Kommen die einzelnen Verträge über nacheinander verlinkte Webseiten zustande, kann ein „verbundenes Reisearrangement“ entstehen. Der Anbieter muss dann zum Beispiel Insolvenzschutz für eingegangene Zahlungen gewährleisten. Werden bei einer solchen „Click-through-Buchung“ außerdem Zahlungsdaten und Mail-Adresse des Kunden innerhalb von 24 Stunden nach Bestätigung der ersten Reiseleistung zwischen den Anbietern übertragen, sollen die gleichen Regeln gelten wie für Pauschalreisen. Die neue EU-Richtlinie wird voraussichtlich noch in diesem Jahr verabschiedet, muss dann aber noch in deutsches Recht umgesetzt werden.

Ärger am Flughafen

Ganz gleich ob Urlauber individuell oder pauschal gebucht haben: Bei einer Flugverspätung oder Annullierung können sie sich auf die Fluggastrechteverordnung berufen. Wer mehr als drei Stunden zu spät am Ziel ankommt, hat bei einer Flugstrecke von bis zu 1500 Kilometern Anspruch auf 250 Euro. Verspätet sich der Abflug bei einer Strecke von 1500 bis 3500 Kilometern um drei Stunden oder mehr, sind es 400 Euro, bei über 3500 Kilometern und vier Stunden Verspätung 600 Euro.

Daneben können Ansprüche auf Verpflegung, Hotelunterbringung und Transfer entstehen. Auch wenn das Gepäck zu spät am Ziel ankommt, kann Schadenersatz geltend gemacht werden. Wichtig ist, die Verspätung am „Lost-and-Found-Schalter“ anzuzeigen. „Die Reisenden haben dann vor allem Anspruch auf Ersatzanschaffung von Kleidung“, erklärt Eva Klaar. Den Kaufpreis muss die Airline generell ersetzen. Pauschalreisende können bei Verspätungen außerdem den Reiseveranstalter in die Pflicht nehmen. Landet zum Beispiel der Koffer nicht am Urlaubsort, ist eine Preisminderung von 20 bis 25 Prozent realistisch – für jeden Tag, an dem das Gepäck nicht zur Verfügung stand.

Bus und Bahn

Die Deutsche Bahn ist nach der EU-Fahrgastverordnung verpflichtet, ab einer Stunde Verspätung ein Viertel, ab zwei Stunden die Hälfte des Fahrpreises zu erstatten. Nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs besteht der Anspruch grundsätzlich auch bei höherer Gewalt, etwa bei einem Streik oder bei Unwettern. Die EU-Fahrgastverordnung gilt auch für Busreisende. Hier besteht allerdings nur dann ein Anspruch auf Entschädigung, wenn schon die Abfahrt um mehr als zwei Stunden verspätet war. Wer also auf der Fernbus-Tour lange im Stau steht, hat Pech gehabt.

Eva Buscher

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