zum Hauptinhalt
Auch Agrarrohstoffe wie Getreide werden an Börsen gehandelt. Die Fonds genießen bei Menschenrechtlern keinen guten Ruf.

© dpa

Tödliche Spekulation: Foodwatch-Studie widerspricht Deutsche-Bank-Chef Fitschen

Mithilfe einer wissenschaftlichen Analyse wehrte sich die Deutsche Bank gegen das schlechte Image von Nahrungsmittelspekulation. Ein Bremer Ökonom nennt die Untersuchung nun "einseitig und manipulativ".

Für Jürgen Fitschen, Kochef der Deutschen Bank, ist die Sache klar. Kapitalanleger an den Börsen für Agrarrohstoffe seien nicht die Preistreiber, die Getreide auf dem Weltmarkt teurer machen und so den Hunger in der Welt verschärfen. „Wir haben keinen Nachweis gefunden, dass die Spekulation für die Preisentwicklung verantwortlich ist“, erklärte Fitschen Anfang des Jahres.

Zum Beleg verwies sein Chefökonom David Folkerts-Landau auf eine Studie des Philosophen Ingo Pies und des Ökonomen Thomas Glauben, deren Analyse von 35 Studien zum Thema feststelle, „die überwältigende Mehrheit der Untersuchungen“ biete „keine Anhaltspunkte dafür, dass die Preise durch Spekulationen in die Höhe getrieben werden“.

Nicht ehrenrührig, aber auch nicht neutral

Doch diese Analyse ist nach Meinung von Professor Hans-Heinrich Bass, Ökonom an der Uni Bremen, nicht zu halten. Bass untersuchte im Auftrag der Organisation „Foodwatch“ den Stand der Forschung. Dabei habe er festgestellt, dass Pies und Glauben ihre Quellen „einseitig und manipulativ“ ausgewählt haben, sagte Bass am Donnerstag in Berlin.

Allein 13 der 35 ausgewerteten Studien seien vom Team des US-Agrarökonomen Scott Irvin erstellt worden. Dieser habe jedoch eingeräumt, dass er von Finanzinstituten finanziert wird, die selbst sogenannte Indexfonds für Rohstoffe anbieten. Dies sei zwar „nicht ehrenrührig“, sagte Bass, aber es nehme den Autoren „den Nimbus der Neutralität“. Betrachte man dagegen den gesamten Forschungsstand, dann bleibe „festzuhalten, dass einander ergänzende Forschungsergebnisse einen Zusammenhang zwischen exzessiver Spekulation und den Preisspitzen für Getreide in den Jahren 2008 und 2011 nahelegen“, sagte Bass. Damals hatten die hohen Nahrungspreise Hungernotstand und Revolten in 50 Ländern verursacht.

Deutsche Bank macht weiter Geschäfte mit Agrarfonds

Vor diesem Hintergrund erneuerte Foodwatch-Geschäftsführer Thilo Bode seine Forderung an die Deutsche Bank und den Allianz-Konzern, ihre Geschäfte mit Kapitalanlagen in Agrarrohstoffen aufzugeben und sich nicht „auf Pseudowissenschaft“ zu berufen. Die beiden größten deutschen Finanzkonzerne verwalten nach Recherchen der Hilfsorganisation Oxfam Fonds im Volumen von rund zehn Milliarden Euro, die auf steigende Agrarpreise wetten. Die Commerzbank, die Deka-Bank der Sparkassen und die genossenschaftliche DZ-Bank haben das Geschäft mit Agrarfonds aufgegeben.

Schon kurze Phasen mit überhöhten Preisen würden in den Armutsländern dazu führen, dass Kinder nicht mehr ausreichend ernährt werden, warnte Bode. Wer dennoch das Risiko von Preisschocks durch Spekulation fördere, der nehme „in Kauf, dass Menschen wegen dieser Geschäfte sterben müssen“, sagte Bode. Anzuwenden sei daher das im EU-Vertrag verankerte Vorsorgeprinzip. Demnach müssen Unternehmen für die Bereiche Ernährung und Gesundheit die Unschädlichkeit ihrer Produkte nachweisen. Solange die Finanzindustrie für ihre Spekulationsfonds das nicht könne, seien diese zu verbieten.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false