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Tourismus: Mallorca wird grün

Reiseunternehmen setzen verstärkt auf Umweltschutz. Sie wollen ein neues Image für die beliebte Ferieninsel, die bisher eher als billiges Massenziel galt.

Eine Badewanne in seinem Hotel? Nein, das geht gar nicht. Da ist der Robinson-Regionalchef Monserrate Galmés i Baucà stur. Vier-Sterne-Luxus hin oder her, der Robinson-Club Cala Serena auf Mallorca bleibt badewannenfreie Zone. Der Umwelt zuliebe, denn Wasser ist hier kostbar. Also wird nicht gebadet, sondern geduscht, mit Wasser, das durch Solarenergie erwärmt und mit Spezialsalz entkalkt wurde. Diese Konsequenz wird belohnt: Das 530-Betten-Hotel an der mallorquinischen Küste ist für sein Umweltbewusstsein ausgezeichnet worden, von Deutschlands größtem Reiseveranstalter Tui.

Weil der drohende Klimawandel allen im Nacken sitzt und der für 2012 geplante EU-Emissionshandel für den Flugverkehr näherrückt, haben auch Reiseveranstalter ein besonderes Interesse, sich für die Umwelt zu engagieren. Und Mallorca ist noch immer eines der beliebtesten Reiseziele der Deutschen. Damit das so bleibt, muss jeder um seine Kunden buhlen. Weil man die Preise nicht senken möchte, versucht man es hier auf der Insel nun statt mit Quantität verstärkt mit Qualität, das heißt übersetzt, mit Umweltschutz. Tui versucht, Vorreiter zu sein, Mallorca das Exempel.

1990 schuf das Unternehmen einen eigenen Umweltbereich, seit 1997 können sich Hotels der Tui-Gruppe für eine spezielle Auszeichnung, den „Umwelt Champion“ bewerben, 100 werden schließlich für vorbildliches Umweltmanagement ausgezeichnet. Das soll auch die Kunden animieren, in einen „klimaverträglichen“ Urlaub zu investieren. Tatsächlich buchten viele Gäste inzwischen lieber umweltfreundliche Hotels, sagt Nina Kreke, Sprecherin des Tui-Konkurrenten Thomas Cook. Auch Deutschlands zweitgrößter Reiseveranstalter unterhält schon länger ein Umweltmanagement und achtet beim Hoteleinkauf auf „ökologische Standards“ wie Solaranlagen und Wassersparmaßnahmen. Der Naturschutz soll schon beim Flug beginnen.

Bei der Online-Buchung wird der CO2-Ausstoß für den Ferienflug errechnet. Von Berlin nach Mallorca und zurück sind das etwa 650 Kilogramm. Wer möchte, der kann dafür eine Spende an eine gemeinnützige Organisation geben, die Umweltprojekte in anderen Teilen der Welt betreut. Tuis eigene Fluglinie Tuifly kooperiert mit der schweizerischen Organisation MyClimate, die vom gesammelten Geld Eritrea mit energiesparenden Öfen versorgt. Rund 265 000 Euro spendeten Tuifly-Kunden bislang, MyClimate garantiert, dass mindestens 80 Prozent des Geldes an die Projekte fließen. Die eigene CO2-Spur, verursacht durch den Urlaubsflug, wird damit aufgehoben – so suggeriert es das Prozedere.

Auch wer seinen Flug bei Neckermann, einem Thomas-Cook-Reiseunternehmen, kauft, der kann spenden und „klimaneutral“ fliegen. Die Spende wird an einen MyClimate-Konkurrenten, die Bonner Organisation Atmosfair, weitergeleitet. Inzwischen bieten viele die Kompensation an, zum Beispiel auch der Billigflieger Easyjet. Durch Kompensationsprojekte in Entwicklungs- und Schwellenländern erhoffen sich die Unternehmen später günstigere Bedingungen beim europäischen Emissionshandel. Nach den bisherigen Plänen der EU-Kommission soll jede Fluglinie ein Kontingent an CO2-Zertifikaten zugewiesen bekommen. Werden mehr Emissionen verursacht, müssen zusätzliche Zertifikate gekauft werden. Der Flug in den Urlaub könnte damit bald auch teurer werden.

Karsten Smid, Klimaschutzexperte bei Greenpeace, hält die Kompensationszahlungen für eine „durchaus sinnvolle Möglichkeit, klimabewusst unterwegs zu sein“. Dennoch bleibe Fliegen klimaschädlich. Auch dürften Kompensationen keinesfalls politische Maßnahmen ersetzen. „Die Klimaverantwortung darf nicht ganz auf den Verbraucher abgeschoben werden.“ Teilweise reiche das Engagement von Reiseveranstaltern nur bis zur Marketingabteilung.

Auch Mallorca sind echte Investitionen lieber. Schon lange möchte die Insel das Image des billigen Massenziels abschütteln. Vor einigen Jahren versuchte die Regierung es mit der Ecotasa, einer Umweltsteuer – und scheiterte. Die Steuer wurde wieder abgeschafft. Doch die Schlüsselwörter für das „neue Mallorca“ lauten nach wie vor „Umwelt- und Naturschutz“. Hinter dem Deckmantel dieser dehnbaren Begriffe kämpfen Politiker, Hoteliers, Reiseveranstalter, mallorquinische Landwirte und lokale Umweltschützer gegen- und miteinander. Für die Umwelt. Aber auch dafür, dass jeder ein großes Stück vom Urlauberkuchen abbekommt. Etwa sieben Millionen kaufkräftige Touristen besuchen Mallorca jährlich. Rund 80 Prozent der Mallorquiner leben vom Tourismus – und wenn man durch qualitativ hochwertige Hotels auch zahlungskräftigere Gäste anlocken kann, dann ist das allen recht.

Auch der Umweltminister der Balearen, Miguel Ángel Grimalt, fühlt sich dem Tourismus verpflichtet. Über den Preis sei seine Insel auf Dauer nicht wettbewerbsfähig, sagt er. Letzte Chance für Mallorca sei, das Image der umweltbewussten Insel zu fördern. Das neueste Projekt der Regierung ist eine rund fünf Milliarden teure und auf zwölf Jahre angelegte Umgestaltung des berühmt-berüchtigten Ballermann-Strandes Playa de Palma. Entstehen soll eine noble Promenade – für den umweltbewussten Urlauber sogar mit strandeigenem Biotop. Das Feuchtgebiet Ses Fontanelles, das größte in der Bucht von Palma, soll nach den neuen Plänen erhalten und geschützt werden. Wenn alles gut geht. Als Alternative drohte erst kürzlich noch ein Einkaufszentrum. Wenn das kein Fortschritt ist.

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