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Treffen der Finanzminister: Euro-Länder wollen Euro retten

Die Euro-Länder wollen Europas angeschlagene Währung mit einer Radikalkur retten. Noch an diesem Sonntag soll ein Notfallsystem für klamme Mitgliedstaaten festgezurrt werden. "Wir werden den Euro verteidigen, was immer es kosten mag", sagte EU-Kommissionspräsident Barroso.

Auf einem Sondergipfel in der Nacht zum Samstag beschlossen die Staats- und Regierungschefs der 16 Euro-Länder die Einrichtung eines Notfallsystems. „Wir werden den Euro verteidigen, was immer es kosten mag“, versprach EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso nach dem Sondergipfel in Brüssel. Auch Spekulanten soll es dabei verstärkt an den Kragen gehen.

Das geplante Rettungssystem ist die bedeutendste Reform der Währungsunion seit der Einführung des Euro vor gut elf Jahren. Es soll verhindern, dass Staaten in eine gefährliche Schieflage geraten und die gemeinsame Euro-Währung gefährden, wenn sie ihre Schulden nicht mehr an den Finanzmärkten refinanzieren können. Details blieben zunächst offen. Ein wahrscheinliches Szenario ist, dass die Kommission Kredite an den Finanzmärkten aufnimmt und diese weiterverleiht. Außerdem gab der Sondergipfel wie geplant dem Hilfspaket über 110 Milliarden Euro für Griechenland grünes Licht, von dem 30 Milliarden der Internationale Währungsfonds (IWF) übernimmt.

Die Krise hatte sich zum Beginn des Gipfels zugespitzt. Es wurde immer deutlicher, dass viel mehr als die Rettung Griechenlands vor dem Staatsbankrott auf dem Spiel steht: Die ansteckende Schuldenkrise gefährdet den gesamten Euroraum. Die Finanzmärkte schossen sich am Freitag immer stärker auf gefährdete Länder wie Portugal und Spanien ein. Die Preise für griechische Staatsanleihen sanken auf einen Tiefstand, die europäischen Börsen rauschten talwärts.

Damit standen die Euro-Spitzenpolitiker mit dem Rücken zur Wand. Wäre das zähe Taktieren der vergangenen Wochen weitergegangen, hätte eine „Kernschmelze“ im Euroraum gedroht. Schnelles und entschlossenes Handeln war gefragt - aus einem Protokoll-Termin wurde ein vollwertiger Krisengipfel.

EU-Währungskommissar Olli Rehn hatte zwar bereits angekündigt, am Mittwoch Vorschläge für einen Rettungsmechanismus vorzulegen. Die üblicherweise zähen Verhandlungen - einer solchen radikalen Neuerung müssten alle 27 EU-Staaten zustimmen - könnten sich nach dem Vorstoß der Euro-Chefs deutlich beschleunigen. Dem Vernehmen nach könnte ein Hilfssystem zum Einsatz kommen, das die EU-Kommission bereits erfolgreich zur Unterstützung der Nicht-Euro-Staaten Lettland, Ungarn und Rumänien nutzte. Die Kommission nimmt dabei zu günstigen Konditionen Kredite an den Finanzmärkten auf und leitet das Geld in Tranchen an die Länder weiter. Weil der EU-Vertrag ein „Herauskaufen“ von Euro-Ländern verbietet, wurde dieses Verfahren für sie bisher nicht angewendet.

Die Länderchefs beschlossen zudem Schritte gegen aus ihrer Sicht ungerechtfertigte Finanzmarktwetten auf die Gemeinschaftswährung oder die Staatshaushalte schuldengeplagter Mitgliedstaaten. „Es wird ein sehr klares Signal sein, gegen die, die gegen den Euro spekulieren wollen“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel. Luxemburgs Premierminister Jean-Claude Juncker warnte: „Es geht hier um eine weltweit organisierte Attacke gegen den Euro.“    Die Chefrunde bekräftigte außerdem ihr Vorhaben, sich in ihrer Haushaltsplanung künftig mehr in die Karten blicken zu lassen. „Wir haben beschlossen, die Eurozone mit einer wahrhaften Wirtschaftsregierung auszustatten“, sagte Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy.

Sarkozy kündigte ein hartes Durchgreifen bei der Regulierung der Finanzmärkte an. „Wir werden die Rating-Agenturen moralisieren.“ Der Finanzsektor werde einen signifikanten Beitrag leisten müssen. „Der Euro ist Europa, wir können ihn nicht den Spekulanten überlassen“, fügte er hinzu. Mit Blick auf die Verhandlungen mit Merkel sagte Sarkozy: „Europa ist ein Kompromiss.“ (dpa)

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