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Neue Ordnung. Anzeige einer Tankstelle in Kreuzberg.

© Thilo Rückeis

Treibstoff: Verwirrung an der Zapfsäule

Für Fahrer von Benzin-Pkw beginnt dieser Tage ein großes Verwirrspiel. Welchen Treibstoff soll man tanken und was ist ein guter Preis dafür? Erste Berliner Tankstellen verkaufen den Treibstoff E10 – und verteuern Superbenzin.

Berlin - Immer mehr Tankstellenpächter haben bereits Schilder aufgestellt, auf denen die Preise für Super, Super Plus und den neuen Kraftstoff E10 mit zehn Prozent Biospritanteil ausgewiesen werden. Aus den Zapfsäulen fließt aber meist noch normales Superbenzin. Nur in wenigen Fällen gibt es den neuen Stoff tatsächlich zu kaufen.

Die meisten Mineralölkonzerne hüten die Umstände der E10-Markteinführung wie ein Staatsgeheimnis, auch aus Angst, Wettbewerber könnten daraus Rückschlüsse über die Strategie ziehen. Zudem versuchen sie offenbar, mit einer Einführung eine Preiserhöhung am Markt durchzudrücken, indem sie klassisches Superbenzin nur noch zum Preis des teuren Super-Plus-Treibstoffes anbieten.

Esso teilte dem Tagesspiegel am Dienstag mit, dass es zehn Prozent seiner Tankstellen bereits umgestellt hat. Das heißt, die Schilder hängen, die Zapfsäulen sind umgerüstet. Bei Konkurrent Shell hieß es, dass die 2185 Tankstellen der Kette „im Laufe der ersten Quartals“ nach und nach E10 verkaufen sollen. Der französische Total-Konzern teilte mit, man arbeite „mit Hochdruck“ an der Einführung von E10 – ebenfalls im ersten Quartal. Die „Star“-Tankstellen des polnischen Orlen-Konzerns wollen den Stoff auch bis Ende März flächendeckend eingeführt haben. „In Berlin werden unsere Tankstellen aber voraussichtlich bereits in dem kommenden Tagen mit Super E10 ausgestattet“, teilte eine Sprecherin mit. Die kleine Berliner Kette Sun will E10 im Laufe dieses Monats einführen.

In Berlin gibt es E10 zum Beispiel schon an einer Aral-Tankstelle in der Skalitzer Straße im Kreuzberg – zum gleichen Preis wie früher das Superbenzin. So könnte der Verkauf in der Hauptstadt bald in Schwung kommen. „Die Tankstellen haben E10 für Anfang Februar bestellt“, sagt eine Sprecherin der PCK-Raffinerie in Schwedt, die fast den ganzen Sprit für Berlin liefert.

Der neue Biosprit E10 darf seit Anfang des Jahres an deutschen Tankstellen verkauft werden. Schon seit 2007 mischt die Mineralölindustrie Benzin und Diesel einen bestimmten Anteil Biokraftstoff bei. Im normalen Superbenzin an der Tankstelle (E5) stecken derzeit fünf Prozent Bio-Ethanol – ein Kraftstoff, der aus nachwachsenden Rohstoffen oder auch pflanzlichen Abfällen gewonnen wird, im Dieselkraftstoff bis zu sieben Prozent. Seit diesem Jahr sind nun auch zehn Prozent erlaubt (E10). Allerdings vertragen nicht alle Autos diese hohe Konzentration, unter anderem, weil das Ethanol Aluminium im Motor angreifen kann.

Zwar müssen die Tankstellen kein E10 anbieten, aber es könnte ihnen nützen: „Durch E10 wird es leichter für die Mineralölkonzerne, die Quote zu erfüllen“, sagte ein Sprecher des Bundesumweltministeriums. Denn der Bio-Anteil aller Kraftstoffe, die die Konzerne in Deutschland verkaufen, muss im Schnitt bei 6,25 Prozent pro Jahr liegen, sonst müssen sie Strafen in Millionenhöhe zahlen. Allerdings zählt hier etwa auch der Verkauf von Biogas. Somit hätten die großen Ölkonzerne wie Shell und BP einen Grund, sich zu beeilen. Und trotzdem kommt die Einführung nicht richtig in Schwung: „Neue Schilder, neue Rohre, das braucht seine Zeit“, sagt Retzlaff vom Verband MWV. „14 700 Tankstellen lassen sich nicht mal eben umrüsten.“ Klarheit herrsche erst seit Ende Dezember.

Den Kosten für die Umrüstung steht gegenüber, dass die Unternehmen durch E10 von höheren Preisen profitieren könnten. „Wir rechnen damit, dass durch E10 auch der reguläre Super-Kraftstoff teurer wird“, sagt Maximilian Maurer vom ADAC. „Die Tankstellen müssen E10 günstiger anbieten als E5, damit es einen Kaufanreiz gibt.“ Diese Vergünstigung müsse eventuell durch höhere Preise beim normalen Superbenzin ausgeglichen werden, erklärte er. E10 ist rund ein Cent teurer in der Herstellung als E5, die Energieausbeute beim Fahren ist aber geringfügig niedriger. Der ADAC hatte bereits früher davor gewarnt, dass die Tankstellenbetreiber E5 einfach durch das E10 ersetzen – ein Problem für Autofahrer, die partout keinen Biosprit höherer Konzentration tanken können oder wollen. „In diesem Fall müssten die Autofahrer auf das noch teurere Super-Plus-Benzin ausweichen“, sagt Maurer. „So passiert die Einführung von E10 auf dem Rücken der Autofahrer.“

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