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Ärger vom Monopolisten. „Das machen wir nicht mit“, heißt es bei der Bahn. Sie streitet gemeinsam mit der französischen SNCF. Foto: dpa

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Wirtschaft: Trennungsschmerz

Die EU will Gleise und Bahnbetrieb trennen – und sorgt damit für Ärger in Deutschland.

Brüssel/Berlin - Über Wochen hatten die Einflüsterer der Deutschen Bahn in Brüssel antichambriert, sich mit Argumenten bewaffnet, Verbündete gesucht – im Kanzleramt, im Verkehrsministerium, bei den Gewerkschaften, in anderen Hauptstädten Europas, vor allem in Frankreich. Doch geholfen hat es alles kaum: Nach wie vor will die EU-Kommission Hand an das Geschäft der mächtigen Staatsbahnen legen. Zwar dürfen sie Netz und Zugbetrieb in einer Hand behalten. Doch sie sollen Einfluss auf die Schienensparte verlieren – und damit viel Geld.

Das trifft vor allem den deutschen Staatskonzern, der als Holding aufgebaut ist – mit einem Konzern und mehreren untergeordneten Sparten, die für den Güter- und Personenverkehr oder für Strecken und Bahnhöfe zuständig sind. „Harte Entscheidungen“ gelte es zu treffen, sagte EU-Verkehrskommissar Siim Kallas, als er am Mittwoch in Brüssel seine Pläne vorlegte. Im Idealfall soll ein Netzbetreiber nicht zugleich Zugverbindungen anbieten. Damit, so hofft Kallas, bekommen Privatbahnen eher eine Chance und können ab 2019 den Markt beleben.

Gegen eine strikte Trennung hatte sich die Bundesregierung zur Wehr gesetzt. Deshalb will Kallas nun bestehende Holding-Strukturen wie bei der Deutschen Bahn (DB) weiter zulassen. Nur neue dürfen nicht gegründet werden. „Niemand wird aufgefordert, etwas zu verkaufen“, sagte er. Zugleich soll es scharfe Regeln für die Arbeit der Holdings geben, von „chinesischen Mauern“ spricht Kallas. Über Investitionen sollen die Netzsparten unabhängig entscheiden. Auch die Rechnungsführung und die IT-Systeme will Kallas trennen. Manager, die zwischen den Bereichen wechseln, müssen eine Karenzzeit einhalten. Hält sich eine Bahn nicht an die Vorgaben, sollen ihr Geschäfte in einem anderen EU-Land verboten werden.

Mit einer Trennung will Kallas sicherstellen, dass alle Firmen die gleiche Chance haben. Kritiker werfen der Bahn vor, sie betreibe Quersubventionierung und verwende Gewinne aus dem Netz, um Firmen im Ausland zu kaufen.

Der Hintergrund von Kallas’ Vorschlägen, denen noch die Mitgliedstaaten und das Europaparlament zustimmen müssen, ist der Niedergang der Eisenbahn in Europa. Sie verliert vor allem im Güterverkehr Marktanteile. Auch bei grenzüberschreitendem Verkehr hapert es, viele Märkte sind noch nicht geöffnet, Vorschriften und Standards oft unterschiedlich. Die Eisenbahn drohe, zu einem „Luxusspielzeug“ für wenige reiche EU-Staaten zu werden, warnte Kallas. In Deutschland sind zwar private und ausländische Anbieter aktiv. Vor allem im Fernverkehr herrscht aber kaum Konkurrenzkampf.

Die Bundesregierung und die Deutsche Bahn lehnen die Pläne strikt ab. Bereits zweimal war das EU-Gesetzespaket auch auf Druck Deutschlands verschoben worden. „Das machen wir nicht mit“, hieß es aus Kreisen des Staatskonzerns. Die Pläne liefen auf eine faktische Trennung hinaus. Brüssel könne nicht belegen, dass dies wirtschaftliche Vorteile bringt. „Das wird noch ein langes Armdrücken“, hieß es. Auch die Regierung ist unzufrieden. Die Unternehmensstruktur sei nicht entscheidend, sagte Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU). „Auch was den Wettbewerb angeht, ist Deutschland in Europa ganz vorne.“ Die Verkehrsgewerkschaft EVG sprach von einer „Zerschlagung der DB durch die Hintertür“. An der Seite der Deutschen kämpft Frankreich für eine integrierte Bahn. Zwar sind jenseits des Rheins Schiene und Betrieb formal getrennt, Paris will dies aber faktisch aufheben. Erst vergangene Woche hatten Bahn-Chef Rüdiger Grube und SNCF-Leiter Guillaume Pépy in Berlin erklärt, man habe „gemeinsame Vorstellungen“ davon, wie die Bahn der Zukunft aussehen solle.

Die Konkurrenten der Bahn begrüßten EU-Pläne. Das Geschäftsmodell der DB beruhe darauf, mit den Gewinnen aus dem Netz Defizite im Güterverkehr, günstige Angebote im Nahverkehr und die weltweite Expansion zu finanzieren, sagte Wolfgang Meyer, Präsident des Verbandes Konkurrenten-Verbandes Mofair.

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