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Wirtschaft: Trichet wird noch in diesem Jahr EZB-Präsident

Der französische Notenbankchef hat bereits die Zusage der EU-Staatschefs – Finanzminister Eichel begrüßt die Kandidatur

Frankfurt (Main) / Berlin (ro/fw). Finanzminister Hans Eichel (SPD) hat am Montag positiv auf die wahrscheinliche Kandidatur des französischen Notenbankchefs JeanClaude Trichet zum künftigen Präsidenten der Europäischen Zentralbank reagiert. Dies „haben wir uns immer gewünscht“, sagte Eichel nach dem Treffen mit dem französischen Finanzminister Francis Mer, Trichet selbst sowie Ernst Welteke auf dem 31. deutsch-französischen Wirtschafts- und Finanzrat in Paris am Montag. Trichet habe sich einen „hohen Ruf als Geldpolitiker, Währungspolitiker und Notenbank-Gouverneur“ erworben. Der 60-Jährige werde ein „sehr würdiger“ Nachfolger des ersten EZB-Präsidenten Wim Duisenberg, sagte Eichel.

Die Staats- und Regierungschefs der EU haben sich in der vergangenen Woche bei ihrem Gipfel in Griechenland bereits informell auf den französischen Notenbank-Chef als Nachfolger von Wim Duisenberg verständigt, nachdem Trichet erst am Mittwoch in einem Bilanzfälschungsprozess in Paris freigesprochen worden war. Deswegen entfiel die Grundlage für Vorbehalte gegen seine Nominierung. Der EU-Gipfel im griechischen Porto Karras habe die Kandidatur „natürlich unterstützt“, sagte der französische Präsident Jacques Chirac am Freitag. Ein entsprechender Passus sei in die Abschlusserklärung eingefügt worden.

Auch auf der nächsten Ratssitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) am Donnerstag wird der Name Jean-Claude Trichet eine Rolle spielen, über einen Amtsantritt des designierten Präsidenten kann das Gremium allerdings nicht entscheiden. Denn noch ist Trichet kein offizieller Kandidat für den Chefsessel. Zunächst müssen sich jetzt die EU-Finanzminister über die offizielle Nominierung Trichets verständigen. Das sieht das juristisch korrekte Verfahren nach dem Vertrag von Maastricht vor. Die Minister treffen sich das nächste Mal am 15. Juli. Danach befasst sich der EZB-Rat in einer Sitzung – vermutlich am 31. Juli – mit dem Vorschlag und gibt eine Empfehlung ab. Anschließend wird der Wirtschafts- und Währungsausschuss des Europäischen Parlaments Trichet zu einer Anhörung laden, die als Grundlage für eine Empfehlung der Parlamentarier dient. Erst danach kann der neue EZB-Präsident von den Staats- und Regierungschefs ernannt werden, entweder auf einem gemeinsamen Treffen oder auch schriftlich.

Angesichts dieser Vorgaben und der Sommerpause des Europaparlaments gilt es in Frankfurt als unwahrscheinlich, dass Trichet schon am 1. Oktober auf den Chefsessel im Eurotower rückt. In jedem Fall aber wird es noch in diesem Jahr passieren: Entweder am 1. November, allerspätestens aber am 1. Dezember hat die EZB ihren neuen Präsidenten. Das Verfahren bis zum Amtsantritt Trichets werde nun „sicher sehr zügig gehen“, sagte Bundeskanzler Gerhard Schröder am Freitag in Griechenland.

Duisenberg wollte eigentlich zu seinem 68. Geburtstag am 9. Juli abtreten. Der Niederländer hatte sich aber zu einem etwas längeren Verbleib im Amt bereit erklärt, um den Ausgang von Trichets Prozess abzuwarten. Die Staats- und Regierungschefs der EU hatten sich auf Drängen Chiracs bereits vor fünf Jahren inoffiziell darauf verständigt, dass Trichet Duisenberg nachfolgen soll. Umstritten war lange nur der Zeitpunkt der geplanten Amtsübergabe.

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