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Wirtschaft: Trittin bleibt hart

Spitzentreffen als letzte Chance für ein einheitliches Rücknahmesystem – Handel droht mit dem „Tod der Dose“

ENDLOSER STREIT UM DAS DOSENPFAND

Berlin (fo/pet). Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) gibt Handel und Industrie eine letzte Gelegenheit, ein einheitliches Rücknahmesystem für das Dosenpfand zum 1. Oktober einzuführen. Nach der überraschenden Absage der Wirtschaft am Dienstag lädt Trittin nun zu einem „Dosengipfel“ in der Woche nach Pfingsten ein. Auslöser des Streits ist ein Schreiben der EU. Trittin und die Wirtschaft ziehen jedoch völlig unterschiedliche Schlüsse aus dem Brief.

Bis zum Gipfel will der Minister offenbar nichts unternehmen, was am gültigen Übergangssystem etwas ändert. Klar ist aber, dass der Minister die Wirtschaft auf die Vereinbarungen vom 20. Dezember 2002 verpflichten will. Verhandlungen werde es nicht geben, heißt es in seinem Haus. Ist der Gipfel erfolglos, dürfte Trittin den Ländern die volle Anwendung der Verpackungsverordnung empfehlen. Konkret: Kunden hätten das Recht, Pfanddosen bei jedem Händler abzugegeben.

Teile des Handels setzen offenbar darauf, das Dosenpfand ganz zu kippen. Dann müsste allerdings die Verpackungsverordnung geändert werden. Dazu sind weder die rotgrüne Bundesregierung noch unions-geführte Länder bereit, die sich anfangs gegen das Dosenpfand ausgesprochen hatten.

Der Einzelhandelsverband HDE legte Trittin ein Ultimatum vor. „Trittin muss das Dosenpfand durch einen Einwegzuschlag ersetzen“, sagte HDE-Hauptgeschäftsführer Holger Wenzel am Mittwoch in Berlin, „wenn nicht, kann das der Tod der Dose sein.“ Verbraucherschützer kritisierten dieAnti-Dosenpfand-Offensive der Wirtschaft als „dreist“.

Die Wirtschaft hatte am Dienstag ihre Zusage aufgekündigt, bis zum 1. Oktober ein bundeseinheitliches Rücknahmesystem für Einwegverpackungen aufzubauen. Sie begründete das damit, dass die EU-Kommission ernste Bedenken gegen die Einführung des Dosenpfands anmeldet. In dem Brief äußert die EU-Kommission nach Meinung Trittins aber nur Bedenken gegen die Übergangslösung und fordert Berlin auf, möglichst bald ein Rücknahmesystem einzuführen.

Der HDE verwies dagegen erneut auf seine Sicht: Der EU-Brief schaffe große Rechtsunsicherheit. „So lange wir keine Rechtssicherheit haben, können wir auch nicht investieren“, sagte Wenzel. Die Einrichtung des Rücknahmesystems würde „ungeheure Summen“ verschlingen. Die Kosten seien vom Handel unterschätzt worden. Handelsunternehmen prüften jetzt, Einwegverpackungen ganz aus den Regalen zu nehmen, weil es billiger sei als die Einführung eine Rücknahmesystems. Am Mittwoch wurde bekannt, dass Aldi-Süd in 70 Filialen am Niederrhein alle Pfand-Getränke aus dem Sortiment nimmt – vorerst als Test. Wenzel geht davon aus, dass der überwiegende Teil des Handels sich für diesen Weg entscheiden wird.

Ein Sprecher von Europas größtem Handelskonzern Metro bestätigte dieser Zeitung, dass über das Thema Auslistung nachgedacht wird, sagte aber, es sei noch keine Entscheidung gefallen. Der Konzern erwartet nach wie vor, dass das bundeseinheitliche Rücknahmesystem zum vereinbarten Termin eingeführt wird. Metro wird in Kreisen der Beteiligten zugleich als das Unternehmen genannt, das maßgeblich den Stopp der Vorbereitungen betrieben haben soll.

Der Handelsverband HDE wiederholte unterdessen einen alten Vorschlag: Statt eines Pfandes soll eine „maßvolle“ Abgabe auf Verpackungen gezahlt werden. Das lehnt der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) ab. Carsten Kreklau, Mitglied der BDI-Hauptgeschäftsführung fordert am Mittwoch eine Aussetzung des Dosenpfands. „Wir brauchen eine große Novelle der Verpackungsverordnung“, sagte er dieser Zeitung. „Sie sollte nicht nur die veränderten ökologischen und ökonomischen Gegebenheiten berücksichtigen, sondern vor allem auch europarechtlich wasserdicht sein.“ Um Schnellschüsse zu vermeiden, müsse die bevorstehende Revision der EU-Verpackungsrichtlinie abgewartet werden.

Handel hebt Umsatzprognose an

Unterdessen hob der HDE seine Umsatzprognose für das laufende Jahr leicht an. Er rechnet jetzt mit einem Umsatzminus von einem Prozent auf 367 Milliarden Euro. Von den längeren Ladenöffnungszeiten, die seit dem 1. Juni dieses Jahres erlaubt sind, erwartet laut Verband gut ein Viertel der Unternehmen positive Impulse für die Umsatzentwicklung. Einer HDE-Umfrage zufolge wollen 60 Prozent der Geschäfte in den Innenstädten am Sonnabend länger öffnen.

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