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Zu verlockend: Auch weil das Onlineshopping so einfach geworden ist, verschulden sich mehr Verbraucher.

© dpa

Trotz guter Konjunktur: Viele Verbraucher melden Insolvenz an

Statt durch Jobverlust geraten Verbraucher zunehmend durch übermäßigen Konsum in die Überschuldung. Gerade beim Onlineshopping sinkt die Hemmschwelle, Geld schuldig zu bleiben.

Von Carla Neuhaus

Obwohl es der deutschen Wirtschaft gut geht, melden weiterhin viele Verbraucher Privatinsolvenz an. Sie verlieren den Überblick über ihre Finanzen, werden ihren Rechnungen nicht mehr Herr. 78.200 Verbraucher sind im vergangenen Jahr in die Insolvenz gegangen – gerade einmal zwei Prozent weniger als 2015. Das zeigen Zahlen, die der Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen am Donnerstag in Berlin vorgelegt hat.

Dabei geraten Verbraucher derzeit seltener aufgrund von Jobverlust in die Überschuldung. Stattdessen sei der Grund immer öfter „ein unkontrolliertes Konsumverhalten“. Verbraucher kaufen mehr ein, als sie sich leisten können. Die Hemmschwelle, Geld schuldig zu bleiben, sinkt. „Wir beobachten eine gewisse Nachlässigkeit bei einigen Verbrauchern“, sagt Verbandspräsidentin Kirsten Pedd. „Gerade im Onlinehandel lassen es manche Kunden gerne mal auf die erste oder zweite Mahnung ankommen.“ Sie vermutet, dass das auch an der Anonymität des Internets liegt. Wer von der Couch aus per Laptop etwas im Netz bestellt, steht schließlich keinem Verkäufer gegenüber, dem man beim Bezahlen ins Gesicht schaut.

Manche Kunden haben gar nicht vor, zu zahlen

Das Beunruhigende: Immer mehr Kunden haben sogar bereits von vornherein nicht mehr vor, die bestellten Waren zu bezahlen. Über die Hälfte der Inkassounternehmen berichtet von Verbrauchern, die ihre Rechnungen vorsätzlich nicht begleichen. „Mancher Kunde denkt, mir wird schon nichts passieren, wenn ich nicht bezahle“, sagt Pedd. Für Unternehmen wird das zunehmend zum Problem. Gerade Start-ups und kleine Onlineshops geraten schnell selbst in finanzielle Schwierigkeiten, wenn zu viele Kunden nicht zahlen. „Sie müssen knapp kalkulieren und sind dazu gezwungen, die Kosten, die die Zahlungsmuffel verursachen, auf die Preise für alle Kunden umzulegen.“ Pedd hält diese Entwicklung für besorgniserregend. Es scheine sich „ein Sockel an harter Überschuldung“ zu bilden, der sich auch in wirtschaftlich guten Zeiten nicht abbauen lässt. „Für unsere Wirtschaft, die in wesentlichen Teilen auf dem privaten Konsum aufbaut, ist das ein erhebliches Problem“, sagt Pedd.

Dabei sind es längst nicht nur die Verbraucher, die Rechnungen zu lange liegen lassen. Auch die Kommunen werden nachlässiger. Bereits 89 Prozent der Inkassounternehmen berichten von einer schlechten Rechnungstreue der öffentlichen Hand. Trotz hoher Steuereinnahmen müssten vor allem Handwerker oft drei Monate warten, bis die Kommunen ihre Rechnungen zahlen. Pedd sagt, das sei paradox. „Die öffentliche Hand hat eine Vorbildfunktion, die sie auch beim Zahlungsverhalten ausüben sollte.“

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