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TV-Markt: RTL hängt Pro Sieben Sat 1 ab

Bertelsmann-Tochter profitiert von Schwäche des Konkurrenten. Der TV-Werbemarkt befindet sich dennoch weiter in der Krise. In Frankreich und Spanien ist er bereits komplett zusammengebrochen.

Düsseldorf - Der Fernsehkonzern RTL kann die Schwäche seines Konkurrenten Pro Sieben Sat 1 ausnutzen. „Das wird ein Rekordjahr für RTL in Deutschland“, prognostizierte am Dienstag Gerhard Zeiler, Vorstandschef der RTL Group. Die Fernsehtochter des Medienkonzerns Bertelsmann steigerte in den ersten sechs Monaten dieses Jahres Umsatz und Gewinn der deutschen Sendergruppe auf ein Rekordniveau und baut damit die Distanz zum Krisen geschüttelten TV-Konzern Pro Sieben Sat1 weiter aus. Mittlerweile schraubte die RTL-Sendergruppe ihren Nettoanteil am deutschen TV- Werbemarkt auf einen Anteil von knapp 46 Prozent. Das ist ein historischer Rekord. Im Gegenzug sank der Anteil am Werbekuchen von Pro Sieben Sat1 in Deutschland auf den Tiefstand von 39,6 Prozent.

RTL profitierte in den vergangenen Monaten von den Schwierigkeiten des Münchner Konkurrenten bei der Werbevermarktung. Nach einem Veto des Kartellamts wegen illegaler Preisabsprachen mussten RTL und Pro Sieben Sat1 ein neues Modell zum Verkauf ihrer Werbespots im Markt etablieren. Während die Kölner in der Branche gut ankommen, wurde die Vermarktung von Pro Sieben Sat1 abgelehnt. Das hatte dramatische Folgen.

Die Erlöse der Sender RTL, Vox, Super RTL, n-tv und RTL 2 stiegen im ersten Halbjahr 2008 um rund vier Prozent auf 1,02 Milliarden Euro im Vergleich zu 981 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum. Das berichtete der in Luxemburg notierte Mutterkonzern RTL Group am Dienstag. Der Gewinn vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebita) stieg sogar um 29 Prozent auf 218 Millionen Euro. Zum Vergleich: Beim Konkurrenten Pro Sieben Sat1 sank der Umsatz der deutschen Sender im ersten Halbjahr um sieben Prozent auf 869 Millionen Euro (Vorjahreszeitraum 934 Millionen). Das Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Sonderabschreibungen (Ebitda) sackte sogar um 21 Prozent von 220 Millionen Euro auf 173 Millionen Euro ab.

Pro Sieben Sat1 befindet sich mittlerweile in schwerem Fahrwasser. Der jetzige Vorstand Guillaume de Posch ist auf dem Absprung. Die Suche nach einem Nachfolger gestaltet sich extrem schwierig. Angesichts eines Schuldenberges von mehr als drei Milliarden Euro ist der Konzern weitgehend paralysiert. In der Branche wird auch darüber spekuliert, dass sich die beiden Großaktionäre – die Finanzinvestoren Permira und KKR – längst nicht mehr einig über die gemeinsame Strategie sind.

Pro Sieben Sat1 versucht unterdessen im Werbemarkt aus der Krise zu kommen. Am kommenden Montag wird Klaus-Peter Schulz als Werbevorstand in die Konzernführung einziehen. Der frühere Chef des Düsseldorfer Werbekonzerns BBDO soll dem Konkurrenten RTL möglichst schnell die verlorenen Werbemillionen wieder abjagen.

Der Werbemarkt trübt sich unterdessen weiter ein. „In diesem Jahr gibt es eine Stagnation. 2008 wird nicht sehr rosig“, warnte Michael Enzenauer, Chef der Mediagentur Optimedia, die zum französischen Werbekonzern Publicis gehört. Auch der Werbeverband ZAW ist skeptisch. „2008 werden wir in die Nähe einer Stagnation kommen. 2009 könnte der Werbemarkt sogar in die roten Zahlen rutschen“, sagte ZAW-Geschäftsführer Volker Nickel. RTL-Chef Zeiler wollte angesichts der unsicheren Aussichten keine Prognose abgeben.

In anderen europäischen Ländern wie Spanien, Frankreich und Großbritannien ist der Werbemarkt bereits eingebrochen. Das hat auch Spuren in der Gesamtbilanz des europäischen Fernseh- und Radiokonzerns RTL Group hinterlassen. Die Erlöse der Gruppe mit 43 Fernsehsendern und 32 Radiostationen in zehn Ländern ging um knapp ein Prozent auf 2,9 Milliarden Euro zurück. Das Ebita sank um 2,5 Prozent auf 502 Millionen Euro. Die RTL Group ist der wichtigste Gewinnbringer im Bertelsmann-Konzern. Die Gütersloher halten mehr als 90 Prozent der Aktien. HB

Hans-Peter Siebenhaar

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