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Twitter: Tweet für die Börse

Der Kurznachrichtendienst Twitter bereitet sich für den Kapitalmarkt vor – die Erwartungen sind groß. Der vorübergehende Absturz von Facebook macht das US-Unternehmen vorsichtig.

Berlin - „Jesus ist die Sonne und Maria die Morgendämmerung, die seine Auferstehung verkündet.“ – Papst Franziskus nutzte am Freitag den Kurznachrichtendienst Twitter, um wie jeden Tag seine Botschaft in die Welt zu senden. Genauso tun es Barack Obama, Peer Steinbrück, der Tagesspiegel und 200 Millionen andere Nutzer rund um den Erdball.

Sie alle werden künftig die Dienste eines börsennotierten Unternehmens in Anspruch nehmen: Twitter teilte am Donnerstagabend – per Tweet – mit, bei der US-Börsenaufsicht SEC einen entsprechenden Antrag eingereicht zu haben. Details des IPO (Initial Public Offering) gibt es noch nicht, aber schon eine Story: Twitter ist eine der größten und am schnellsten wachsenden Kommunikationsplattformen der Welt und damit ein Top-Börsenkandidat aus der Internetwirtschaft, der den Gang aufs Parkett wagt. Analysten schätzen Twitters Wert auf zehn bis 15 Milliarden Dollar.

Der Zeitpunkt für einen Börsengang ist gut gewählt. Internet-Aktien sind wieder gefragt. So hat die Facebook-Aktie in dieser Woche den höchsten Stand seit dem destaströsen Börsengang im Mai 2012 erreicht. Die Social-Media-Plattform mit einer Milliarde Nutzern weltweit wird an der Börse nun mit rund 100 Milliarden Dollar bewertet – so hoch wie nie. Der Absturz der Aktie nach dem missglückten IPO ist Geschichte. Linked-In, das 2003 gegründete Internet-Karrierenetzwerk, ist ein Börsenstar: Der Wert seiner Aktien hat sich seit dem ersten Handelstag verfünffacht. Auch die eingebrochene Aktie des Ende 2011 an die Börse gegangenen Schnäppchen-Portals Groupon hat sich wieder etwas erholt.

„Investoren waren zuletzt entzückt von allem, was mit ,sozial’ und ,mobil’ zu tun hat“, schrieb die „New York Times“ am Freitag in einem Kommentar zu den Twitter-Börsenplänen. Die Finanzgemeinde sei regelrecht „verzaubert vom schnellen Wachstum der Werbeeinnahmen in den mobilen Diensten von Social- Media-Unternehmen“.

Auch Twitter kommt mit geschätzten 583 Millionen Dollar auf stattliche Einnahmen aus der Werbung – verdient aber, anders als Facebook, noch kein Geld. Analysten zufolge ist dies aber nur eine Frage der Zeit. Dieses Jahr könne der US-Konzern die Gewinnschwelle erreichen. Das Unternehmen muss noch keine Geschäftszahlen veröffentlichen, weil es bislang nicht börsennotiert ist. Auch der sogenannte Börsenprospekt bleibt zunächst unter Verschluss, bis der Termin für das IPO näher rückt. Das kann noch Monate dauern. Die am Börsengang beteiligten Banken dürften die Zeit nutzen, um zunächst die Nachfrage der Anleger nach den Twitter-Aktien auszuloten. Erst ganz am Ende werden das genaue Datum für den Börsengang sowie der Preis festgelegt. Auch ist möglich, dass Twitter das Vorhaben in letzter Sekunde abbläst. Federführende Bank ist nach Informationen von US-Medien Goldman Sachs.

Twitter wurde erst 2006 gegründet. Nach einem zögerlichen Start hat sich die Internetplattform zu einem Medium für „Breaking News“ gemausert. Nutzer können 140 Zeichen lange Nachrichten, Fotos und kurze Videos über den Nachrichtendienst absetzen. Der durchschnittliche Nutzer hat rein rechnerisch 208 Follower und verbringt jeden Monat 170 Minuten auf der Seite. Die meisten Nutzer gibt es nach Angaben der auf soziale Medien spezialisierten Seite Dashburst.com in China mit mehr als 35 Millionen. Gerade die Tweets von Popstars werden oft von mehreren Millionen Menschen verfolgt. Der kanadische Teeniestar Justin Bieber hat aktuell mehr als 44 Millionen Follower und damit die größte Anhängerschaft. Danach folgen die Sängerinnen Katy Perry und Lady Gaga. US-Präsident Barack Obama zählt momentan mehr als 36 Millionen Follower.

Die wichtigste Einnahmequelle des Unternehmens ist Werbung, eingestreut in den Nachrichtenstrom. Ein guter Teil der Einnahmen fließt mittlerweile über Twitter-Apps auf Smartphones und Tablet- Computer in die Kasse. Damit hat Twitter Facebook etwas voraus: Dessen mobiles Werbegeschäft war zum Zeitpunkt des Börsengangs 2012 praktisch gleich null – einer der Gründe für den Kursabsturz. Erst am Dienstag hatte Twitter die Online-Werbefirma Mo-Pub gekauft, die Unternehmen dabei hilft, Werbung in mobilen Apps zu schalten.

Eine Garantie für einen erfolgreichen Börsengang hat aber auch Twitter nicht. Investoren gehen vor allem bei Internetfirmen eine Wette auf nachhaltig profitable Geschäfte in der Zukunft ein. Nicht nur der Absturz von Facebook war ihnen eine Warnung. Die Aktie des Online-Spieleanbieters Zynga („Farmville“) zum Beispiel, der bei seinem Börsengang im Dezember 2011 mit sieben Milliarden Dollar bewertet wurde, hat bis heute zwei Drittel ihres Wertes eingebüßt, weil Zynga die hohen Erwartungen der Börse enttäuscht hat. mit dpa, AFP

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