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Teures Eingeständnis. Die Schweizer Bank musste mit der Zahlung auch ein formales Schuldbekenntnis abgeben. Jetzt könnten geprellte Anleger klagen. Foto: AFP

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Wirtschaft: UBS kauft sich frei

Schweizer Bank gesteht im Libor-Skandal und zahlt 1,15 Milliarden Euro Strafgeld – EU ermittelt weiter.

Berlin - Die Ermittler arbeiten seit fast zwei Jahren verteilt über drei Kontinente. Sie sichteten Tausende von beschlagnahmten E-Mails und befragten Zeugen und Täter in London, New York, Tokio und Zürich, um herauszufinden, wer wann mit wem konspiriert hat, um die Referenzzinssätze Libor und Euribor zu manipulieren. Nun soll die größte jemals durchgeführte Ermittlung in der globalen Finanzbranche zumindest für die Schweizer Großbank UBS ein vorläufiges Ende finden. Gegen die Zahlung von umgerechnet 1,15 Milliarden Euro Strafgeld erklärten sich die amerikanischen, britischen und Schweizer Aufsichtsbehörden bereit, das Verfahren gegen den Schweizer Geldriesen einzustellen.

Nach der britischen Bank Barclays, die bereits im Juni rund 340 Millionen Euro Strafgeld zahlte, ist UBS damit die zweite von insgesamt 15 in den Skandal verstrickten Banken, deren Manager sich auf diesem Weg von weiterer Verfolgung freikaufen. Anders als im Fall Barclays musste das UBS-Management aber auf Forderung der US-Behörden zumindest in einem Punkt ein formales Schuldbekenntnis ablegen und einräumen, dass Mitarbeiter ihrer japanischen Tochterbank aktiv die Zinsraten für Interbankkredite in japanischen Yen manipuliert haben – ein möglicherweise sehr teures Eingeständnis. Denn auf dieser Basis könnten die Käufer von Zinspapieren in Yen, die in den geprüften Jahren 2005 bis 2010 Verluste erlitten, Schadensersatz fordern.

Die Referenzzinssätze Libor („London Interbank Offer Rate“) und Euribor werden vom britischen und europäischen Bankenverband täglich per Umfrage unter ausgewählten Banken ermittelt und sollen angeben, zu welchem Zins sich Banken untereinander über verschiedene Zeiträume und in den gängigen Währungen Kredit gewähren. Millionen von Kreditverträgen und Wertpapiere im Volumen von mehr als 300 Billionen Dollar in aller Welt sind mit Bezug auf diese Zinssätze ausgestellt. Mit jeder Bewegung der Libor- und Euriborangaben ändert sich daher auch der Wert dieser Papiere. Und genau das war auch das Ziel der festgestellten Manipulation, die von 45 Händlern und Managern „weit verbreitet und routiniert“ durchgeführt wurde, wie die britische Behörde FSA in ihrem Strafbefehl schreibt. So konnten die Händler auf Zinswerte wetten, die sie vorher schon kannten, gleich einem Lottotipp in Kenntnis der gezogenen Zahlen.

Dabei schreckten UBS-Händler, die im Namen der Bank große Positionen an Zinspapieren hielten und mit jedem hundertstel Prozent Veränderung Millionen verdienen konnten, auch nicht davor zurück, die Mitarbeiter von Broker-Firmen zu bestechen, die Geschäfte zwischen den Banken vermitteln und Einfluss auf die gemeldeten Zinssätze anderer Banken hatten. So schrieb nach Angaben der FSA ein UBS-Händler am 18. September 2008 einem befreundeten Broker: „Wenn Du den 6s (den Sechs-Monats-Zins für Yen-Kredite, Anmerkung der Redaktion) heute unverändert hältst, Scheiße, dann mache ich einen gigantischen Deal mit Dir ... ich zahle Dir 50 000, 100 000 Dollar, was immer Du willst ... Ich halte mein Wort“.

Die Strafgeldzahlung an die drei nationalen Behörden schützt die UBS allerdings nicht gegen die in der gleichen Sache noch laufenden Ermittlungen der EU-Kommission wegen Verdachts auf Kartellbildung. Bei Razzien gegen Banken in London im Oktober 2011 seien „schlagende Beweise“ gefunden worden, hatte Wettbewerbskommissar Joaquim Almunia bereits im Juni erklärt. Dieses Verfahren sei von dem jetzt geschlossenen Vergleich der UBS mit anderen Behörden unberührt, bestätigte seine Sprecherin. Aber auch von dieser Seite droht den verantwortlichen Managern der UBS keine Strafverfolgung. Denn Kartelle werden nur als Ordnungswidrigkeit verfolgt und mit Geldstrafen geahndet.

Nur Stunden nach Verkündung der Geldbuße leitete das US-Justizministerium am Mittwoch ein Strafverfahren gegen zwei frühere leitende Händler der UBS ein. In einer bei einem US-Bezirksgericht in New York eingereichten Anklageschrift wird den beiden Männern Verschwörung vorgeworfen. Einem der beiden werden zusätzlich Wettbewerbsverstöße und Betrugs mittels elektronischer Kommunikationsmittel, sogenannter „wire fraud“, zur Last gelegt. mit rtr

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