zum Hauptinhalt

Übernahme: Umgekehrte Vorzeichen bei Schaeffler und Conti

Schaeffler hat sich mit der Übernahme von Continental überhoben. In Planspielen üben die Unternehmen jetzt den Rollentausch.

Im Ringen um die Zukunft der hochverschuldeten Autozulieferer Schaeffler und Continental zeichnet sich eine überraschende Wende ab: Die beiden Unternehmen sollen nach Handelsblatt-Informationen unter dem Dach der Conti AG fusionieren. Die Berater von Roland Berger prüfen derzeit im Auftrag des Gläubigerkonsortiums unter Führung der Commerzbank das Szenario, erfuhr das Blatt aus Finanz- und Unternehmenskreisen. In der Politik gibt es breite Unterstützung für eine solche Lösung.

Die Berger-Berater sehen derzeit in die Bücher beider Unternehmen, hieß es in Finanzkreisen. An dem Gesamtkonzept werde schon seit Wochen gefeilt. Damit könnte die Übernahme von Conti durch Schaeffler wegen der Finanzprobleme ähnlich wie bei Porsche und Volkswagen möglich in einem sogenannten „Reverse Take-over“ enden – und Conti könnte Schaeffler schlucken.

Ein Schaeffler-Sprecher sagte dem Handelsblatt, man prüfe gemeinsam mit Conti die Optionen für eine künftige Zusammenarbeit beider Unternehmen. „Die Integration ist ebenfalls eine Option, die wir prüfen.“ Das Ergebnis sei offen. „Zur Begleitung dieses Prozesses haben beide Unternehmen gemeinsam einen externen Berater mandatiert.“ Von Conti kam auf Anfrage ein wortgleiches Statement.

Der Plan sieht vor, die private Schaeffler-Gruppe komplett in den börsennotierten Conti-Konzern zu überführen. „Das ist ein Modell, das funktionieren könnte, und es scheint derzeit das einzige Modell zu sein“, hieß es in Gläubigerkreisen. Bisher war vor allem über eine Fusion der Automotive-Sparten spekuliert worden. Die beteiligten Banken wollten das Modell gestern nicht kommentieren.

In den Plan sind die Ministerpräsidenten von Bayern, Niedersachsen und Hessen – wo wichtige Werke mit Tausenden Arbeitsplätzen sind – bereits eingeweiht. „Das ist das Konzept, das die größte politische Rückendeckung erhalten dürfte“, hieß es in politischen Kreisen. Der Plan sei auch eine Steilvorlage für die Bundesregierung, die in den kommenden Monaten über Staatshilfen entscheiden muss.

Schaeffler hat sich an der Übernahme des dreimal größeren Konkurrenten Conti verhoben. Da der Kauf komplett kreditfinanziert war, ist Schaeffler nun hoch verschuldet. Insgesamt drückt die beiden Unternehmen eine Schuldenlast von etwa 23 Milliarden Euro. Den Banken drohen hohe Wertberichtigungen. Die Institute hoffen nun, bei einer Fusion unter dem Dach der Conti AG allzu hohe Abschreibungen auf die mit Anteilen von Conti und Schaeffler besicherten Kredite vermeiden zu können. Zudem ließen sich bei einer Vollfusion die Synergien besser heben. Weiterer Vorteil: Die Banken könnten bei einer Teilumwandlung ihrer Kredite in Conti-Aktien diese später besser verkaufen als Anteile an der nicht börsennotierten Schaeffler-Holding.

Vorgesehen sind für das neue Konstrukt aus Continental und Schaeffler drei Kraftzentren: Hannover für Contis Reifensparte, Frankfurt am Main für das fusionierte Automobilzuliefergeschäft und Herzogenaurach für Schaefflers Industriegeschäft. Auf diesem Weg könnten wohl auch die betroffenen Landesregierungen für das Konzept gewonnen werden. Conti-Chef Karl-Thomas Neumann könnte den neuen Konzern unter dem Dach der Conti AG weiter führen. Schaeffler-Finanzvorstand Klaus Rosenfeld solle in einem gemeinsamen Konzern das Finanzressort führen. Verlierer einer solchen Konstellation wäre Schaeffler-Boss Jürgen M. Geißinger, dem das Technik-Ressort leiten könnte.HB

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false