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Wirtschaft: Übernahme vor dem Verkauf

Die Landesbank Berlin schluckt eine Direktbank und glänzt vor der Privatisierung mit prächtigen Zahlen

Berlin – Kurz vor der anstehenden Privatisierung hat sich die Landesbank Berlin (LBB) für einen deutschlandweiten Kampf um Privatkunden in Stellung gebracht. Rückwirkend zum 1. Januar kauft die LBB knapp 75 Prozent der Netbank – einer nur im Internet tätigen Direktbank, die bisher im Besitz der Sparda-Banken war. Ziel sei es, überregional Kunden zu gewinnen, sagte Konzernchef Hans-Jörg Vetter am Mittwoch bei der Bilanzvorlage in Berlin.

Für das erste Quartal des laufenden Jahres präsentierte Vetter überzeugende Zahlen. Der Gewinn vor Steuern stieg gegenüber dem Vorjahreszeitraum um knapp zwei Drittel auf 154 Millionen Euro. Der Konzernüberschuss legte gar um 75 Prozent auf 123 Millionen Euro zu. „Wir gewinnen jeden Tag neue Kunden“, sagte Vetter. Die Zahl der Privatkonten sei in den ersten drei Monaten netto um 1500 gestiegen.

Der Zukauf und das gute Ergebnis dürften die Position der Bank beim derzeit laufenden Verkaufsverfahren stärken. Das Land Berlin muss sich auf Druck der EU-Kommission bis zum Jahresende von seinem 81-Prozent-Anteil an der ehemaligen Bankgesellschaft Berlin trennen, zu der die Berliner Sparkasse, das Landesbankgeschäft und der Immobilienfinanzierer Berlin Hyp gehören. Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) hatte zu Jahresbeginn ein Verkaufsverfahren eingeleitet. Derzeit sind noch vier Bieter im Rennen, die bis zum 1. Juni ein verbindliches Angebot vorlegen müssen. Als Alternative zum Paketverkauf lässt Sarrazin gleichzeitig eine Platzierung an der Börse vorbereiten.

Konzernchef Vetter ließ am Mittwoch seine Präferenz für die Börsenpläne durchblicken: „Das ist für das Land eine echte Alternative.“ Er würde es begrüßen, wenn das Veräußerungsverfahren bis zur Hauptversammlung am 23. August beendet sei, sagte Vetter. Zum Wert der Bank äußerte sich der Vorstandschef nur indirekt. „Es zeigt sich in allen Diskussionen, dass eine durchsanierte und marktstarke Bank nicht zum Sonderpreis zu haben ist.“ In der ersten Runde des Bieterverfahrens sollen nach Angaben aus Finanzkreisen vorläufige Gebote bis zu 4,5 Milliarden Euro eingegangen sein.

Über den Kaufpreis für die Netbank habe man zunächst Stillschweigen vereinbart, sagte Vetter. Mit der Investition will er das überregionale Geschäft der LBB ausweiten. „Ich glaube, dass das für jeden Käufer oder Aktionär interessant sein sollte“, sagte er mit Blick auf das Verkaufsverfahren. Die LBB will ihre Vormachtstellung im Bereich der Kreditkarten nutzen, um neue Kunden für die Netbank zu gewinnen. Bisher hat das 1999 als erste vollwertige Internetbank Deutschlands gestartete Institut lediglich 80 000 Kunden. Die LBB ist mit 1,5 Millionen Kreditkarten Marktführer in Deutschland. Sie vertreibt die Karten zum Beispiel über den ADAC, aber auch online, etwa über den Händler Amazon. Über die Kreditkarten sollen die Kunden künftig auch für Girokonten, Ratenkredite oder Baufinanzierung bei der Netbank geworben werden. „Wir bieten die volle Palette“, sagte LBB-Privatkundenvorstand Johannes Evers.

Für die beiden Favoriten im Bieterrennen um die LBB könnte die Netbank besonders attraktiv sein. Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) hat zwar bisher stets verärgert auf Direktbanken im öffentlich-rechtlichen Lager reagiert. Eine Direktbank, die allen Sparkassen gemeinsam gehört, könnte aber für den DSGV durchaus einen gewissen Charme haben. Auch die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) könnte einen überregionalen Zugang zum Privatkundengeschäft gut gebrauchen. Für den dritten Bieter, die Commerzbank, wäre eine weitere Internetbank weniger attraktiv. Sie besitzt schon die Comdirect-Bank. Auch die BayernLB hat mit der DKB bereits eine Direktbank unter ihrem Dach, doch sie gilt nach dem Kauf der österreichischen Hypo Alpe Adria ohnehin nicht mehr als ernst zu nehmender Bieter für die LBB.

Stefan Kaiser

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