zum Hauptinhalt
Im Osten geht die Sonne auf: Der Stablerbauer Kion steht kurz davor, Anteile nach China zu verkaufen.

© dpa

Übernahmen: Chinesen wollen bei Gabelstaplerhersteller Kion einsteigen

China stapelt hoch: Ein Staatskonzern zeigt Interesse an dem Wiesbadener Gabelstaplerhersteller Kion. Immer mehr Investoren aus der Volksrepublik kaufen in Deutschland ein.

Von Maris Hubschmid

Berlin - Es könnte die bisher größte Investition Chinas in Deutschland werden. Ein chinesischer Staatskonzern hat sein Interesse an dem Wiesbadener Gabelstaplerhersteller Kion bekundet. Der Baumaschinenproduzent Shandong Heavy Industry bestätigte am Freitag, dass Verhandlungen mit den Finanziers Kohlberg Kravis Roberts und Goldman Sachs laufen. Der Linde-Konzern hatte Kion 2006 an die Finanzinvestoren verkauft.

Kion, einer der weltweit führenden Staplerbauer, der neben Still nach wie vor die Marke Linde vertreibt, produziert seit 20 Jahren auch in China in einem eigenen Werk. Dort ist er nach eigenen Angaben der größte ausländische Fabrikant. Noch vor drei Jahren hatte das Unternehmen eine einheimische Firma aufgekauft, um das mittlere Marktsegment zu erschließen. Weltweit arbeiten rund 22 000 Menschen für den hessischen Hersteller. In Deutschland hat Kion seine größten Werke im Raum Aschaffenburg und Hamburg. In der Konzernzentrale in Wiesbaden sind lediglich etwa 100 Menschen beschäftigt.

Zu Details der Einstiegsabsichten wollten sich am Freitag weder Kion noch Shandong äußern. „Unsere Leute sind alle für Gespräche in Deutschland“, erklärte ein Shandong-Sprecher. Wie aus dem Umfeld des Konzerns bekannt wurde, will China einen Anteil von 25 Prozent erwerben. Der Kaufpreis soll angeblich zwischen 700 und 800 Millionen Euro liegen.

Beide wollen mehr

Der neue Anteilseigner könnte Kion auf dem chinesischen Markt nach Einschätzung von Beobachtern große strategische Vorteile bringen. Umgekehrt hätte der chinesische Baumaschinenhersteller künftig Zugang zum europäischen Markt. Bis 2015 will der Chinese seinen Umsatz von etwa 120 Milliarden im vergangenen Jahr auf 200 Milliarden Yuan (25 Milliarden Euro) steigern. Kion setzte zuletzt 4,4 Milliarden Euro um. Jährlich produziert das Unternehmen 150 000 Stapler. Der Weltmarkt kommt auf eine Million Fahrzeuge. Ein Viertel davon wird in China verkauft.

Finanzkräftigen Investoren aus China bieten sich derzeit gute Gelegenheiten: Der Euro ist schwach, der Yuan gewinnt an Kaufkraft. Die Krise bringt Unternehmen ins Straucheln und lässt ihren Wert schrumpfen. Das chinesische Interesse an Technologie „Made in Germany“ ist daher groß. Und an Geld fehlt es nicht. So profitiert der Kion-Interessent Shandong vom Bauboom in China. Erst im Januar hatte Shandong Heavy Industry die Kontrolle über den weltgrößten Hersteller von Luxusjachten, die angeschlagene Ferretti-Gruppe aus Italien, übernommen. Erklärte Strategie des chinesischen Staatskonzerns ist es, bis 2015 zu einem der 500 größten Unternehmen der Welt heranzuwachsen.

Kion kämpft mit Schulden

Kion allerdings machte zuletzt wegen hoher Sanierungskosten und Schuldenzinsen 93 Millionen Euro Verlust. Die bisherigen Eigentümer wollen nicht weiter investieren. Auch deswegen dürfte das Engagement der Chinesen hierzulande sehr willkommen sein. An den Plänen, Kion an die Börse zu bringen, soll sich laut Unternehmenskreisen auch mit einem neuen Anteilseigner nichts ändern.

So wie Shandong Heavy Industry gehen immer mehr chinesische Großkonzerne hierzulande auf Einkaufstour. Wie das „Handelsblatt“ berichtet, ist aktuell auch Shenyang Machine Tool an einem Einstieg bei dem Werkzeugmaschinenbauer MAG interessiert. Dabei soll es um bis zu 500 Millionen Euro gehen. „Deutschland ist inzwischen der beliebteste Standort für chinesische Investoren“, sagte Yi Cao, China-Expertin bei der Außenwirtschafts-Agentur Germany Trade and Invest dem Tagesspiegel. „Der Trend wird sich fortsetzen“, prognostiziert sie. 2011 sei China bei 158 Projekten hierzulande engagiert gewesen, häufiger als in den USA.

Die Bundesregierung heißt chinesische Investitionen in Deutschland ausdrücklich „willkommen“, wie Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wiederholt betonte. Zum zweiten Mal in diesem Jahr wird sie kommende Woche mit einer ranghohen Wirtschaftsdelegation nach China reisen. mit AFP, dpa

Zur Startseite