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Wirtschaft: Übernahmewelle im Mobilfunk

Der Anbieter Debitel kauft den Konkurrenten Talkline für 560 Millionen Euro. Gemeinsam haben sie mehr als 13 Millionen Kunden

Berlin - Der große Preisdruck sorgt für weitere Bewegung auf dem Mobilfunkmarkt. Der Serviceprovider Debitel übernimmt für 560 Millionen Euro den kleineren Konkurrenten Talkline. Schon bisher ist Debitel mit neun Millionen Handykunden Marktführer bei den Mobilfunkdienstleistern. Mit den 3,8 Millionen Kunden von Talkline baut Debitel seinen großen Abstand zu Freenet (Mobilcom), der Nummer zwei der Branche, weiter aus. Weitere Übernahmen sind wahrscheinlich.

Denn das Geschäft wird immer schwieriger: In den Anfangsjahren des Mobilfunks waren Serviceprovider eine große Hilfe für die Netzbetreiber T-Mobile oder Vodafone, als es darum ging, neue Kunden für den Mobilfunk zu gewinnen. Serviceprovider haben nämlich kein eigenes Netz, sondern vermarkten lediglich Mobilfunkkarten für die vier großen Netzbetreiber. Sie erhalten von ihnen 20 bis 30 Prozent des Umsatzes eines Kunden und eine Prämie für jeden neuen Nutzer. Der Vorteil für den Kunden: Die Dienstleister können über die Angebote aller Netzbetreiber beraten und bieten auch eigene Tarife an. Doch bereits in den vergangenen Monaten hatte es eine Reihe kleinerer Übernahmen in der Branche gegeben. Denn das Geschäftsmodell hat sich überholt: Es sind kaum neue Kunden zu gewinnen. In Deutschland gibt es mit 88,2 Millionen statistisch gesehen bereits mehr Mobilfunkkunden als Einwohner. Hinzu kommt der enorme Preisdruck durch die Discountanbieter, der die Margen der Netzbetreiber und der Serviceprovider schrumpfen lässt.

„Die Zukunft der Serviceprovider ist durchaus kritisch zu hinterfragen“, sagt ein Branchenkenner. „Serviceprovider haben wenig Spielraum für Innovationen.“ Debitel versucht sein Spektrum zu erweitern und bietet neben Mobilfunkdiensten auch schnelle Internetzugänge sowie Mobiles Fernsehen und Mobile Music an. Axel Freyberg von der Unternehmensberatung AT Kearney sieht die Übernahme positiv: „Debitel kann seine Vertriebsbasis vergrößern. Beide Unternehmen zusammen haben eine größere Verhandlungsmacht gegenüber den Netzbertreibern auf der einen Seite und können andererseits durch die Zusammenlegung von Unternehmensfunktionen Kosten sparen.“ So vermarktet Debitel seine Produkte unter anderem über Media Markt/Saturn und Talkline über Karstadt-Quelle. „Die Übernahme bringt die noch verbliebenen Service-Provider unter Druck“, meint Freyberg.

Über den Verkauf von Talkline wurde bereits seit Monaten spekuliert. Auch Freenet hatte Interesse. „Wir haben Gespräche geführt“, sagte eine Firmensprecherin. „Aber offensichtlich war Debitel bereit, einen sehr hohen Preis zu bezahlen.“ Der Talkline-Mutterkonzern ist die dänische TDC Mobile International. TDC und ihre deutsche Tochter mit Sitz in Elmshorn sind mehrheitlich in Besitz eines Finanzkonsortiums um das Private- Equity-Unternehmen Permira, dem auch Debitel zu 100 Prozent gehört. Der kleinere Konkurrent Drillisch hatte die Konsolidierung in der Branche voranbringen wollen und sich an Mobilcom beteiligt, die jetzt mit Freenet verschmolzen ist. Inzwischen gilt Drillisch selbst als Übernahmekandidat.“

„Mit der Übernahme von Talkline sind alle Spekulationen, wer bei der Konsolidierung des Mobilfunkmarktes in Deutschland die Führung übernehmen wird, ein für alle mal vorbei“, sagte Debitel-Chef Axel Rückert. Debitel und Talkline ergänzten sich hervorragend. Zusammen decken die Unternehmen nach eigenen Angaben 20 Prozent der Neukundengewinnung im Mobilfunksektor ab und sind damit der größte Vermarkter in Deutschland.

Dafür zahlt Debitel einen relativ hohen Preis. Talkline erwirtschaftete 2006 mit etwa 800 Beschäftigten einen Umsatz von rund einer Milliarde Euro. Dabei lag das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) bei 85 Millionen Euro. Debitel setzt rund zwei Milliarden Euro um. Weitere Zukäufe schloss Debitel-Finanzvorstand Joachim Preisig derweil nicht aus. Debitel sei finanziell in der Lage, zu handeln, sagte er.

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