zum Hauptinhalt
Rette, wer kann. Ministerin Ursula von der Leyen beriet sich mit BA-Chef Frank-Jürgen Weise (links) und dem Verdi-Vorsitzenden Frank Bsirske zu Schlecker.

© dapd

Umschulung für Schlecker-Frauen: Von der Kasse in die Kita

Die entlassenen Schlecker-Frauen sollen umschulen, sagt Bundesarbeitsministerin von der Leyen. In den verbliebenen Schlecker-Märkten beginnt der Ausverkauf.

„Ich will den Frauen Mut zusprechen, einen Neuanfang zu wagen“, sagte Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU), als sie am Donnerstag in Berlin vor die Kameras trat. Am Morgen hatte sie mit Frank-Jürgen Weise, dem Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA), und dem Verdi-Vorsitzenden Frank Bsirske Gespräche zur Lage der 25 000 noch aktiven oder bereits gekündigten Mitarbeiter der insolventen Drogeriemarktkette Schlecker geführt. Seit die Zerschlagung des Unternehmens feststeht, hatte es vermehrt Forderungen nach Hilfe aus der Politik gegeben.

„Neuanfang“, damit meint von der Leyen Umschulung: Für die entlassenen Schlecker-Beschäftigten gebe es besonders in strukturschwachen Regionen „Perspektiven, in Mangelberufen qualifiziert zu werden“, sagte die Ministerin. Dort gebe es vergleichsweise wenige Arbeitsplätze im Handel, oft würden aber Erzieherinnen und Arbeitskräfte in der Pflege händeringend gesucht. Die Beschäftigten würden bis zu drei Jahre lang ausgebildet und bekämen während dieser Zeit Arbeitslosengeld I. „Wir haben die Möglichkeit, gemeinsam mit der Bundesagentur für Arbeit auch da sofort die Plätze zur Verfügung zu stellen“, versprach sie am Donnerstag. „Wir würden uns freuen, wenn viele dieses Angebot annehmen.“ Die Mittel dafür sollen aus einer Initiative der BA zur Bewältigung des Strukturwandels kommen.

In den verbliebenen Schlecker-Märkten beginnt gleichzeitig der Ausverkauf. In jedem noch geöffneten Laden wird es anfangs Rabatte zwischen 30 und 50 Prozent auf das gesamte Sortiment geben. Ein Datum für das endgültiges Ende der Schlecker-Läden gibt es noch nicht; zuletzt war von Ende Juni die Rede gewesen. Die Abwicklung des Konzerns - der Ausverkauf der restlichen Ware sowie etwa der Verkauf von Immobilien und Auslandsgesellschaften - könnte laut Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz zwischen 500 und 700 Millionen Euro bringen. Dem stehen bislang Forderungen in Höhe von 665 Millionen Euro entgegen.

Die Chronik einer Insolvenz:

BA-Chef Weise betonte am Donnerstag erneut, für die Vermittlung der Beschäftigten sei die Bundesagentur mit ihren tausend Standorten im Land „gut aufgestellt“. Sie helfe bei der Vermittlung in neue Jobs, biete Bewerbungstrainings und Weiterbildungskurse an. Von den bislang mehr als 11 000 entlassenen Schlecker-Beschäftigten sind nach Angaben der Bundesagentur inzwischen rund 5000 vermittelt worden – in eine neue Stelle oder in Qualifizierungs- und Fördermaßnahmen. „Das ist keine Zahl, die beruhigt nach zwei Monaten“, sagte Weise. Allerdings zeige das eine Dynamik im Markt. Der Verdi-Vorsitzende Bsirske hielt dagegen, dass es im Einzelhandel derzeit rund 360 000 Arbeitssuchende gebe, aber nur 25 000 offenen Stellen. Zudem kritisierte er, dass die Schlecker-Frauen in manchen Regionen als Urlaubsvertretungen eingestellt oder ihnen unbezahlte Praktika angeboten wurden. „Das ist nicht Sinn der Sache“, sagte Bsirske.

Den Beschäftigten, die in den vergangenen Tagen für Hilfe aus der Politik demonstriert hatten, dürften die Ankündigungen vom Donnerstag kaum Mut gemacht haben. Denn nun ist klar: Eine bundesweite Transfergesellschaft soll es auch nach der Zerschlagung nicht geben. Auch ein Sonderfonds seitens des Bundes, der den Betrieb der 2800 Schlecker-Filialen über den Juni hinaus sichern könnte, ist vorerst nicht in Sicht. Verdi geht davon aus, dass die Fortsetzung des Betriebs einen Teilverkauf von Filialen erleichtern könnte.

Die Hoffnung auf Transfergesellschaften auf Länderebene hat die Gewerkschaft dennoch nicht aufgegeben. Verdi wolle hier vor allem mit SPD-regierten Ländern darüber verhandeln, sagte Bsirske am Donnerstag. „Wir können sicher davon ausgehen, dass diese beschämende Position der Ablehnung einer Transfergesellschaft in den Ländern, wo die FDP den Wirtschaftsminister stellt, beibehalten wird.“

Weiteres Geld zur Fortführung der Filialen könnte womöglich auch von der Familie Schlecker selbst kommen. Am Donnerstag waren Vorwürfe laut geworden, dass der Gründer der Drogeriekette, Anton Schlecker, seinen beiden Kindern kurz vor der Insolvenz eine millionenschwere Immobilie verkauft habe. Das hatte die „Bild-Zeitung“ berichtet. Es handele es sich um ein Logistik-Zentrum in Pöchlarn (Österreich), das nicht in die Insolvenzmasse gekommen sei. Ein Sprecher des Insolvenzverwalters sagte dazu, es würden alle Übertragungen, die Anton Schlecker in den letzten vier beziehungsweise zehn Jahren getätigt habe, überprüft. „Wenn sich herausstellt, dass die Kinder Geld zur Seite geschafft haben, wird darauf zurückgegriffen werden“, sagte Bsirske.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false