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Im Schnitt verbraucht jeder Deutsche 71 Plastiktüten pro Jahr. Manchmal auch als Gummistiefelersatz, wie dieser Besucher des Hurricane-Musikfestivals.

© dpa

Umweltverschmutzung: Abgabe auf Plastiktüten gefordert

Der Plastikmüll in den Weltmeeren nimmt zu. Die Deutsche Umwelthilfe fordert daher eine Abgabe auf Tragetaschen. In anderen Ländern sind erdölbasierte Tüten bereits verboten.

Berlin - 39 Mal könnte man die Erde umwickeln mit den mehr als fünf Milliarden Plastiktüten, die in Deutschland im Jahr verbraucht werden. Weltweit gehen jährlich geschätzt eine Billion Tüten über die Ladentheken. Sie brauchen 500 Jahre, um zu verrotten, und verschmutzen so Flüsse, Landschaft und Meere. Anlässlich des „Plastic Bag Free Day“ hat die Deutsche Umwelthilfe nun Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) aufgefordert, eine Abgabe auf Plastiktüten in Höhe von 22 Cent einzuführen, um deren Verbrauch einzudämmen. „Die Bundesregierung muss dieser Ressourcenverschwendung mit katastrophalen Auswirkungen auf unsere Umwelt endlich ein Ende bereiten, vor allem weil freiwillige Aktivitäten des Handels den Plastiktütenverbrauch bislang kaum verringert haben“, kritisiert der Bundesgeschäftsführer der Umwelthilfe, Jürgen Resch.

Das bekräftigt auch Dorothea Steiner, umweltpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion der Grünen. „Eine Umweltabgabe auf Plastiktüten lohnt sich: In Irland gingen Einmal-Plastiktüten nach der Einführung einer Abgabe rasch um über 90 Prozent zurück“, sagte sie. Seit geraumer Zeit fordern die Grünen eine Abgabe auf Plastiktüten, die aus Erdöl hergestellt werden. Während die Umwelthilfe alle Plastiktüten mit der Abgabe versehen will, wollen die Grünen die Tragetaschen aus bioabbaubaren Kunststoffen davon ausnehmen. Man werde das Thema bei einem Regierungswechsel wieder auf die Agenda setzen, sagte eine Sprecherin.

Bundesumweltministerium blockt ab

Im Bundesumweltministerium ist man wenig begeistert: „Unter Abwägung von ökologischem Nutzen und Aufwand für die Beteiligten würde die Einführung einer Abgabe in Deutschland zu unverhältnismäßig hohen Kosten führen“, sagte eine Sprecherin. Hierzulande stellten Plastiktragetaschen kein relevantes Umweltproblem dar. Das Ministerium verweist auf eine Recyclingquote von 70 Prozent bei den Tragetaschen, sodass die meisten Tüten in Deutschland nicht in der Natur landeten, sondern wiederverwertet oder verbrannt würden. Tatsächlich ist der Plastiktütenverbrauch in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern in der EU relativ gering. Mit 71 Tüten pro Person und Jahr landet die Bundesrepublik auf dem viertletzten Platz der 27 Länder. Am wenigsten Tüten werden in Irland verbraucht (18), wo eine verpflichtende Abgabe zu einer massiven Verringerung geführt hat (2002: 328). In Bulgarien, wo mit 421 Stück die meisten Plastiktaschen über die Ladentheke gehen, hofft man nun auf eine ähnliche Wirkung der jüngst eingeführten Abgabe.

Das Umweltbundesamt (UBA) empfiehlt, die Regelung, die hierzulande in Supermärkten gelte, „ auf den gesamten Handel“ auszuweiten, sagte UBA-Präsident Jochen Flasbarth. Auch die Verpackungshersteller sind für eine „freiwillig Ausweitung der Selbstverpflichtung“. Bei Rewe oder Aldi müssen Kunden zwischen zehn und zwanzig Cent für Tüten zahlen, in Mode- oder Elektronikgeschäften aber sind die Tragetaschen umsonst.

Italien, das unter der Verschmutzung seiner Küsten leidet, hat die erdölbasierte Plastiktüte verboten. Auch die EU-Kommission beschäftigt sich mit Möglichkeiten, den Plastikmüll einzudämmen. Wie genau die „Maßnahmen zur Vermeidung der Verbreitung von kurzlebigen und zum einmaligen Gebrauch vorgesehenen Erzeugnissen wie Kunststofftaschen“ auf europäischer Ebene aussehen sollen, ist aber offen. In Deutschland ist ein Verbot nach Ansicht des UBA nicht nötig. „Das ist ein Thema für Länder, in denen es keine sinnvollen Recyclingsysteme gibt“, sagte ein Sprecher.

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