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Wirtschaft: Und wieder kommt die Troika nach Athen

Griechische Wirtschaft fällt tiefer als befürchtet.

Athen - Für die neue Regierung des konservativen Ministerpräsidenten Antonis Samaras ist es der erste Test, für Griechenland vielleicht sogar eine Weichenstellung: Am heutigen Dienstag beginnen in Athen die Verhandlungen mit der Troika, den Vertretern der EU, des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Europäischen Zentralbank (EZB). Samaras hofft, den Gläubigern eine Lockerung des Sparprogramms abringen zu können. Die Chancen dafür stehen aber nicht gut.

EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen jedenfalls machte den Griechen keine Hoffnung: Die neue Regierung solle sich auf die Umsetzung der vereinbarten Anpassungen konzentrieren, sagte Asmussen am Montag bei einer Konferenz in Athen. Der Sparpakt sei „die einzige Lösung“ für Griechenland. Am Montagabend wollte Premier Samaras mit den Führern der beiden Parteien, die seine Regierung stützen, über die Verhandlungsstrategie beraten. Die Griechen sind allerdings in einer misslichen Lage. Seit März ist nichts passiert, zwei Wahlkämpfe haben das Land gelähmt.

Statt versprochener fünf Milliarden Euro, die man bereits bis Ende 2011 einnehmen wollte, kamen bisher erst 1,8 Milliarden Euro in die Kasse. Bis Ende Juni erwartete die Troika von der Regierung eine detaillierte Finanzplanung für die Jahre 2013 und 2014, in denen weitere 11,7 Milliarden Euro eingespart werden müssen. Doch der Start der neuen Regierung verzögerte sich: Premier Samaras erholt sich immer noch von einer Augenoperation, und der neue Finanzminister Giannis Stournaras ist noch nicht im Amt.

Unterdessen verschlimmert sich die Misere: In den ersten fünf Monaten lagen die Steuereinnahmen um 926 Millionen Euro unter Plan. Samaras möchte mit der Troika vor allem über eine Streckung des Konsolidierungsprogramms verhandeln. Bisher gilt, dass Griechenland bis 2014 sein Haushaltsdefizit unter die Drei-Prozent-Marke drücken soll, die der EU-Stabilitätspakt als Obergrenze vorsieht. Wegen der Rezession wird das immer schwieriger. So ging die EU noch im vergangenen Herbst davon aus, dass die Wirtschaft 2012 um 2,8 Prozent schrumpfen werde. Inzwischen zeichnet sich ein Minus von rund sieben Prozent ab. Damit wird sich das Bruttoinlandsprodukt seit Beginn der Krise um fast ein Fünftel reduziert haben – die tiefste Rezession, die ein europäisches Land seit Kriegsende durchgemacht hat. Zieht die Regierung jetzt die Sparschrauben noch weiter an, riskiert sie den völligen Absturz.

Samaras möchte deshalb mehr Zeit für die Haushaltskonsolidierung bekommen und das Programm um zwei Jahre bis 2016 strecken. Das Problem aus Sicht der EU ist nur: Das bisherige Hilfsprogramm läuft Ende 2014 aus. Jede Verlängerung bedeutet neue Kredite. Wird die Konsolidierung um zwei Jahre gestreckt, müssten die Geldgeber 20 Milliarden Euro nachschießen. Auch die anderen Korrekturen des Sparprogramms, über die Samaras mit der Troika verhandeln möchte, wie Erhöhungen des Mindestlohns, des Arbeitslosengeldes und der Minirenten, die Heraufsetzung des Grundfreibetrags in der Einkommensteuer und die Senkung der Mehrwertsteuer in der Gastronomie, gehen ins Geld. Experten schätzen die Kosten auf 6,5 bis acht Milliarden Euro. Gerd Höhler

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