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Wirtschaft: Uneins gegen das Kartell

Die geplanten Aufsichtsregeln für Stromkonzerne könnten diese noch mächtiger machen, fürchtet die SPD

Berlin - Wenn es um Strom geht, sind sich die meisten Politiker einig: Die Macht der Konzerne müsse beschränkt werden, heißt es parteiübergreifend. Wie das jedoch geschehen soll, darüber herrscht bei weitem keine Harmonie. Der jüngste Vorstoß von Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) droht nun sogar am Widerstand in der eigenen Koalition zu scheitern. Glos will das Kartellrecht verschärfen, um die Energiekonzerne besser zu kontrollieren. „Ich bin sehr skeptisch, was die Details angeht“, sagte SPD-Fraktionsvize Ulrich Kelber dem Tagesspiegel. Seine Befürchtung: Glos werde die großen Konzerne sogar noch stärken.

Ähnlich kritisch hatte sich vor zwei Wochen schon der hessische Wirtschaftsminister Alois Rhiel (CDU) geäußert. „Eine strengere Aufsicht schafft noch keinen Wettbewerb“, hatte der Unionspolitiker gesagt. „Sie lindert nur die Folgen eines oligopolistischen Missbrauchs.“ Schließlich könnten die Kartellbehörden immer erst im Nachhinein aktiv werden. Besser wäre es deshalb, von vornherein für mehr Wettbewerb – sprich: für neue Anbieter – zu sorgen.

Doch genau dieses Ziel könnte Glos mit seinen Plänen verfehlen. Im Kern geht es dabei um das sogenannte „Cost-Plus“-Prinzip – eigentlich ein altes Relikt aus Zeiten vor der Liberalisierung des Strommarktes, das Glos nun wieder reaktivieren will. Demnach soll sich der Preis für Strom nicht mehr an der Leipziger Energiebörse EEX bilden. Vielmehr sollen die Unternehmen nur so viel verlangen dürfen, wie sie zur Deckung ihrer Erzeugungskosten plus eines kleinen Gewinns benötigen. Insgesamt soll der Strompreis dadurch von heute rund 50 Euro je Megawattstunde auf 25 bis 30 Euro sinken.

Was zunächst wünschenswert klingt, bereitet den Sozialdemokraten große Sorge. „Wer das will, begeht einen strukturellen Fehler“, warnte Fraktionsvize Kelber. Die einzigen Unternehmen, die zu diesen Preisen produzieren könnten, seien die großen Konzerne mit ihren alten Kohlekraftwerken. Kleinere Wettbewerber hingegen mit modernen Gaskraftwerken – zum Beispiel Stadtwerke – würden vom Markt verdrängt. Auch der Neubau von Kraftwerken würde sich kaum mehr lohnen. „Neue Anbieter hätten keine Chance. Die alten Monopolstrukturen blieben bestehen“, sagte Kelber.

Das befürchtet auch Arndt Börkey vom Bundesverband neuer Energieanbieter (bne), der die Newcomer der Branche vertritt. „Wir sehen die Pläne des Wirtschaftsministeriums kritisch“, sagte er. „Neue Strommengen wird man so nicht in den Markt bekommen.“ Bisher dominieren die großen vier Konzerne Eon, RWE, Vattenfall und EnBW rund 80 Prozent der deutschen Stromerzeugung.

Kelber lehnt eine nachträgliche Preiskontrolle deshalb ab. Stattdessen plädiert der SPD-Mann dafür, neue Anbieter gegenüber den etablierten konsequent zu stärken, um so von vornherein mehr Wettbewerb zu ermöglichen. Beispielsweise müssten die Anschlussmöglichkeiten neuer Kraftwerke an das bestehende Stromnetz verbessert werden. Bei Netzengpässen könne man sich außerdem vorstellen, dass kleine Unternehmen mit ihrem Strom als Erste zum Zuge kommen.

Wenn das alles nicht hilft, müsse der Staat auch zu härteren Maßnahmen greifen, sagte Kelber. „Dann brauchen wir ein Verbot für die Etablierten, neue Kraftwerke zu bauen.“ Vonseiten der SPD werde es jedenfalls „noch sehr viel Gesprächsbedarf“ mit dem Wirtschaftsministerium geben.

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