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Wirtschaft: Union streitet um vorgezogene Steuerreform

Finanzexperte: CDU/CSU macht eigene Reformpläne kaputt, wenn sie dem SPD-Plan zustimmt

Berlin (asi). Der Finanzexperte und Berater der Union, Stefan Homburg, hat die Union davor gewarnt, einem Vorziehen der Steuerreform auf das kommende Jahr zuzustimmen. „Wenn sich die Union auf einen solchen Schritt einlässt“, sagte Homburg dem Tagesspiegel am Dienstag, „dann kann sie sämtliche eigenen Steuerreformpläne direkt begraben“. Zur Finanzierung einer grundsätzlichen Steuerreform ab dem Jahr 2005, deren Eckpunkte CDUFraktionsvize Friedrich Merz Anfang November vorstellen will, bestünde dann „keinerlei Volumen mehr“.

Homburg wies auch Vorschläge des Ersten Bürgermeisters von Hamburg, Ole von Beust (CDU), zurück, der zur Schonung der öffentlichen Haushalte vorgeschlagen hatte, die Steuerreform nur teilweise vorzuziehen. In Unionskreisen hieß es dazu, eine breite Unterstützung für die Idee, die Steuerlast vor allem für Kleinverdiener ab 2004 zu senken und den Spitzensteuersatz davon auszunehmen, werde es kaum geben. Regierungskreise zeigten sich ebenso skeptisch. Man wolle einen solchen Weg nicht völlig ausschließen, hieß es, halte allerdings an den Regierungsplänen fest.

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Ottmar Schreiner, der zu den schärfsten Kritikern des Regierungskurses zählt, begrüßte hingegen die Idee, Kleinverdiener 2004 und Spitzenverdiener erst ein Jahr später zu entlasten. „Diese Idee ist absolut richtig“, sagte Schreiner dieser Zeitung.

Auf Ablehnung stieß ein solcher Kompromiss zwischen Regierung und Union in der Wirtschaft. Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement sagte bei der Einweihungsfeier der neuen Zentrale des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall in Berlin, dass er sich nicht vorstellen könne „welche erneute Unsicherheit entstehen wird, wenn wir die Steuerreform aufgeben. Ich gehe davon aus, dass niemand in Deutschland die Verantwortung dafür übernehmen würde.“ Handwerks-Generalsekretär Hanns-Eberhard Schleyer sagte in Berlin: „Ziel des Vorziehens der Steuerreform darf nicht allein die Entlastung von Geringverdienern sein“. Wer den Vorschlag Beusts unterstütze, verkenne nicht nur die Zielrichtung des Vorziehens der Steuerreform, sondern beweise auch eine absolute Unkenntnis der wirtschaftlichen Lage, sagte Schleyer. Bundesregierung und Opposition dürften den geplanten Schritt nun nicht durch fade Kompromisse verwässern.

Ob die Union Ende des Jahres den Steuerplänen von Kanzler Gerhard Schröder zustimmen wird, ist noch völlig offen. CDU-Chefin Angela Merkel hatte zum Wochenbeginn gesagt, eine Entscheidung darüber werde erst nach der Steuerschätzung im November gefällt. Unionsintern wird damit gerechnet, dass die für 2004 prognostizierten Steuereinnahmen weit hinter den Erwartungen der Regierung zurückliegen. Dies würde bedeuten, dass die Steuerreform, die die Haushalte insgesamt rund 15 Milliarden Euro kostet, zu einem abermaligen Verstoß gegen die Maastricht-Kriterien führen wird.

Völlig offen ist innerhalb von CDU und CSU allerdings auch, ob der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Merz (CDU) mit seinen Reformplänen für 2005 innerparteiliche Mehrheiten gewinnen kann. Der Grund: Merz’ Konzept wird zu milliardenschweren Verlusten in den öffentlichen Haushalten führen. Die Union müsste im kommenden Jahr bei Bürgern und Unternehmen für den Abbau all’ der Ausnahmen werben, die sie in diesem Jahr als Steuererhöhungen gegeißelt hat – und das gut eineinhalb Jahre vor der nächsten Bundestagswahl 2006.

Zu seinen Plänen sagte Merz am Dienstag in Duisburg, das Ziel sei eine radikale Vereinfachung der Einkommensteuer. „Das gegenwärtige Einkommensteuergesetz ist nicht mehr reformfähig.“ Seine Reform sehe dabei vor, künftig alle Erträge gleich an der Quelle zu besteuern. „In vielen Fällen reicht dann für die Lohnsteuererklärung eine Postkarte,“ sagte Merz.

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